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Europas Banken büßen immer stärker für die Sünden der Vergangenheit.

Foto: Reuters/Eisele

London/Wien - JPMorgan mag zwar mit dem soeben erfolgten Vergleich mit den US-Behörden über 13 Milliarden Dollar auf den größten Altlasten sitzen, doch auch Europas Banken machen Rechtsstreitigkeiten zu schaffen. Seit Ausbruch der Finanzkrise haben die größten Finanzinstitute knapp 60 Milliarden Euro an juristischen Kosten veranschlagt. Das entspricht dem Fünffachen des Vorjahresgewinns, hat die Finanzagentur Bloomberg errechnet.

Dabei entfällt ein Drittel auf Strafen und Vergleichszahlungen, gut ein weiteres Drittel auf Vorsorgen für Klagen von Kunden und ein weiteres knappes Drittel auf künftige Strafen, für die bereits Geld auf die Seite gelegt wurde. "Die Banken zahlen jetzt die Zeche für ein sehr ertragsorientiertes Geschäftsmodell vor der Krise", erklärte dazu Martin Hellmich, Professor für Risikomanagement in Frankfurt. Die Fälle reichen von der Unterstützung von Kunden bei Geldwäsche und Steuerhinterziehung über Zins- und Währungsmanipulationen bis zum Verkauf von Schrottpapieren über Wert, ohne auf das Risiko zu verweisen.

Zahlungen belasten

Die Bloomberg-Daten zeigen, dass Europas Banken immer stärker für die Sünden der Vergangenheit büßen. Die 18 am stärksten betroffenen Institute haben allein 2012 sechs Milliarden für Rechtsstreitigkeiten und Behördenverfahren ausgegeben - das entspricht einer Verdoppelung gegenüber 2011. Die Zahlungen drücken auf die Dividendenausschüttung und den notwendigen Ausbau der Kapitalpolster, heißt es in einer Analyse von KBW. Europas Hauptakteure in Sachen Fehlverhalten sind gemessen an den Vorsorgen die britische Finanzgruppe Lloyds und die Deutsche Bank.

Dass die Banken ein großes Rad gedreht haben, zeigt allein schon die Affäre um die Manipulation des Referenzzinssatzes Libor, an dem sich weltweit Finanzprodukte mit einem Volumen von 300 Milliarden Dollar orientieren. Über Barclays, UBS, Royal Bank of Scotland und Rabobank wurden bereits Strafen im Ausmaß von rund 2,7 Milliarden Euro verhängt.

Großes Drohpotenzial

Laut KBW könnten sich die Libor-Strafen weltweit auf 46 Mrd. Dollar summieren. Dazu kommen noch Manipulationen von Wechselkursen, für die die Experten mit Bußgeldern von 26 Mrd. Dollar rechnen. Dabei sollen Banker über interne Nachrichtenplattformen ihre Fremdwährungspositionen ausgetauscht und die Kurse manipuliert haben, bevor diese dann für Geschäfte mit Pensions- oder Geldmarktfonds verwendet wurden. In steuerlichen Angelegenheiten steht unangefochten die Schweizer UBS an der Spitze der Watchlist, dahinter folgt die Credit Suisse.

Dass die Strafen und Vorsorgen die Situation der Banken verschlechtern, zeigt sich anhand der kumulierten Ertragszahlen. Das Nettoergebnis der 18 untersuchten Institute halbierte sich 2012 auf elf Milliarden Euro. Die Strafen seien für die Banken wie die Asbestfälle der Versicherungen in den 90er-Jahren, meint dazu Christian Hamann, Analyst der Hamburger Sparkasse. Damals hatten die Assekuranzen hohe Zahlungen wegen der Gesundheitsfolgen zu leisten. Auch der Kreditapparat habe die Rechtskosten unterschätzt, meint er. (as, DER STANDARD, 23.11.2013)