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Griechenland wird noch länger auf die Hilfe der EU angewiesen sein. Das machte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei einem Wahlkampfauftritt deutlich.

Foto: Reuters/John Kolesidis

Berlin - Eigentlich hat Wolfgang Schäuble gar nichts Neues gesagt. Diesen Eindruck bemühten sowohl Regierungssprecher Steffen Seibert als auch Schäubles Sprecher Martin Kotthaus am Mittwoch in Berlin zu verbreiten.

Im Kabinett seien etwaige Hilfen für Griechenland gar kein Thema gewesen, so Seibert, denn: "Da gibt es nichts Neues." Da das zweite Hilfsprogramm für Athen noch bis Ende 2014 laufe, gebe es jetzt gar keinen Anlass, über Änderungen nachzudenken. Und Kotthaus betonte, Schäubles Aussage liege voll auf seiner bisherigen Linie.

Genützt haben die Beteuerungen wenig, Schäubles Aussagen bei einer Wahlkampfveranstaltung in Schleswig-Holstein sind das Gesprächsthema in Berlin. "Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen", hatte der Finanzminister dort am Dienstag erklärt.

Viereinhalb Wochen vor der deutschen Bundestagswahl elektrisiert dies die deutsche Opposition, zumal auch EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland nicht mehr ausschließt. In der finnischen Tageszeitung Helsingin Sanomat erklärt er, die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) solle im Herbst eine Entscheidung treffen.

Wie Schäuble spricht auch er nicht von einem Schuldenschnitt. "Die Schuldentragfähigkeit könnte beispielsweise durch eine Verlängerung der Kreditlaufzeit verbessert werden", erklärt Rehn. Schäuble hatte als mögliches Element in einem dritten Griechenlandprogramm die weitere Senkung der Kreditzinsen, die das Land zu zahlen hat, genannt.

SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert von der Kanzlerin nun genaue Auskünfte über mögliche deutsche Zahlungen: "Wolfgang Schäuble spricht aus, was die Kanzlerin der Bevölkerung verheimlichen will: Griechenland wird weitere Hilfen - in welcher Form auch immer - beantragen. Frau Merkel muss den Deutschen endlich reinen Wein einschenken, und zwar vor der Wahl."

Merkel stellte in einem Interview mit Sat.1 nicht in Abrede, dass es zu neuen Hilfen kommen könnte. Sie betonte aber: "Welche Summen gegebenenfalls notwendig sind, kann ich heute nicht sagen." Dies sei erst Mitte des Jahres 2014 möglich. Einen Schuldenschnitt schloss auch sie aus.

Altkanzler Gerhard Schröder warf Merkel bei einer Wahlkampfveranstaltung ebenfalls vor, den Deutschen nicht die Wahrheit über die Kosten der europäischen Schuldenhilfe zu sagen: "Mit Vertuschen und Verschleiern gewinnt man kein Vertrauen des Volkes, sondern nur mit Klartext." Und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erinnerte daran, dass Merkel 2010 noch erklärt hatte, sie werde "keinen Cent" für Griechenland geben.

Erklärung im Bundestag

Linkenchef Bernd Riexinger fordert eine Regierungserklärung im Bundestag und sagt: "Ich kann mir kein drittes Hilfspaket vorstellen, bevor nicht die griechischen Millionäre eine 50-prozentige Solidarabgabe geleistet haben."

Die Süddeutsche Zeitung berichtet unter Berufung auf Regierungskreise, dass ein drittes Hilfsprogramm für die Griechen wohl deutlich kleiner ausfallen würde als die beiden ersten. Die Auflagen für Reformen könnten weniger streng sein, da die Griechen ja bereits einen erheblichen Teil der nötigen Veränderungen eingeleitet hätten. Es gehe nun darum, dem Land die Rückkehr an die Kapitalmärkte zu ermöglichen.

Zudem werde diskutiert, dass nach dem Jahr 2014 greifende neue Hilfspakete zumindest teilweise über den EU-Haushalt zu finanzieren. Mit zusätzlichem Geld aus den EU-Strukturfonds könne Athen die Wirtschaft ankurbeln, gleichzeitig würden griechische Haushaltsmittel für die Schuldentilgung frei. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 22.8.2013)