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50 Prozent aller Frauen rasieren sich laut Umfrage wöchentlich Achseln, Beine und Intimzone.

 

Foto: AP Photo/Hector Mata

Es ist ein Spitzenthema auf langweiligen Partys. Ist das Wetter erst einmal durch und auch sonst nichts Aufregenderes zu besprechen, heizt das Thema Körperbehaarung jedes Gespräch an. Ein provokanter Einstieg könnte der Blog einer österreichischen Beauty-Journalistin mit dem Titel http://beinbart.blogspot.co.at/ sein. Sie preist Wildwuchs. Zeitersparnis sei eines der wichtigsten Argumente. Schweißgeruch gebe es auch nicht, und dass sie niemand - auch im Cocktailkleid nicht - auf ihre unrasierten Beine angesprochen hat, empfindet sie als Bestätigung.

Beinbart schwimmt gegen den Strom, denn sagen wir einmal so: Körperhaare fristen im 21. Jahrhundert ein ambivalentes Dasein. Am Kopf eine Löwenmähne, halsabwärts blank: Je jünger, umso kahler, könnte man sagen. Nach einer Befragung von Marketagent.com im Auftrag der Plattform Kosmetik transparent rasieren sich 50 Prozent aller Frauen wöchentlich Achseln, Beine und Intimzone, untenrum haben es aber vor allem die 14- bis 19-Jährigen gerne superglatt. Sie enthaaren sich mehrmals die Woche. Der Kampf gegen die Haare hat längst auch die Männer erfasst: 30 Prozent enthaaren den Intimbereich, die Jungen bis zu dreimal die Woche - angeblich, und das besagt eine andere Umfrage, weil "der Penis dadurch größer wirkt".

Im Zugzwang der Mode

Historisch gesehen beschäftigt Enthaarung die Menschheit bereits sehr lange Zeit. Schon im alten Ägypten riss man sich Haare am Körper aus, auch die Hygieneregeln des Islam und des orthodoxen Judentums gehen gegen Körperbehaarung vor. Im freizügigen 20. Jahrhundert sind Mode und Körperbehaarung eng miteinander verbunden. Je knapper die Badeanzüge, umso dringlicher haarlose Glattheit. Nur die Hippies und Feministinnen sahen es anders: Enthaarung (und Büstenhalter) wurden als patriarchalische Knechtung betrachtet.

Seit damals setzte sich Nacktheit immer mehr durch. Der Hygienewahn der 80er-Jahre machte Epilation salonfähig, und spätestens mit dem Aufkommen des Tangas ist Wildwuchs in den Intimzonen zum No-Go geworden. Wie sehr die Kahlheit zum Schönheitsideal geworden ist, kann eine Geschichte um Kate Winslet belegen. Für die Nacktszene in "Die Vorleserin", einem Drama aus der Nazizeit, musste für sie ein Schamhaartoupet angefertigt werden, die Casting-Agentur hatte kein Double für die Schauspielerin finden können.

Rasieren, Wachsen, Epilieren: Das sind "alte" Technologien. Selbermachen oder Fremdleistung von Professionisten zukaufen? Das ist eine grundsätzliche Entscheidung. Wer blitzeblank durchs Leben und vor allem in knappem Bikini und Badehose durch den Sommer kommen will, muss Sisyphos-Qualitäten beweisen. Denn Körperhaare wachsen unverdrossen nach. Wachsen tut weh und ist wenig nachhaltig. Wer knapp an Zeit und willens ist, Geld auszugeben, lässt sich Körperhaare lasern. Das Laserlicht zerstört den Haarfarbstoff Melanin bis in die Wurzeln, trotzdem braucht es bis zum endlichen Sieg bis zu sieben Sitzungen (ab 120 Euro).

Es gibt eine Reihe verschiedener Lasertechnologien, "der Unterschied liegt in der Wellenlänge des Laserstrahls", sagt Eduard Yusupov vom Wiener Institut Dermacare. Der dortige Super-Hair-Removal-Laser (SHR) erwärmt die Haut auf 45 Grad, was die Nährstoffzufuhr durch die Haarwurzelkanäle zusätzlich blockiert und damit auch bei der Entfernung dunkelblonder Haare effektiver als andere Laser wirkt. Mit einem Duschkopf-ähnlichen Gerät wird die zuvor rasierte Haut Streifen für Streifen bearbeitet - "nach einer Laserenthaarung muss die Haut in der Sonne mit extrem hohem Lichtschutzfaktor geschützt werden", sagt Dermatologin Julia Lämmerhirt.

Do-it-yourself

Wer bei der Enthaarung lieber im Do-it-yourself-Modus bleibt, hat neben den herkömmlichen Methoden Rasieren oder Wachsstreifen seit ein paar Jahren vielversprechende IPL-Blitzlampen als Option. Aber Achtung: "Viele kommen nach den IPL-Lampen wie Streifenhörnchen zu uns, weil die Lampen schnell schwach werden", berichtet Yusupov. Diesen Vorwurf kann Michael Janny, IPL-Projektleiter von Philips Consumer Lifestyle in Klagenfurt, so pauschal nicht gelten lassen. Seit zehn Jahren arbeitet man dort an IPL-Lichtepilierern. Dass die unter dem Namen Lumea verkauften Geräte auch funktionieren, werde in aufwändigen Tests an Kärntnerinnen und Kärntnern erprobt, sagt Janny.

Unterscheiden müsse man Konkurrenzgeräte, die mit Hartglaslampen enthaaren. Diese gut um die Hälfte billigeren Geräte funktionieren langfristig nur, wenn man die Lampen regelmäßig austauscht - daran verdienen die Hersteller. Philips' Lumeas nutzen Quarzglaslampen, was den Preis der Geräte (die es in einer Männer- und Frauenversion gibt) in die luftige Höhe von 500 Euro treibt. "Sieben bis zehn Jahre kommt man damit aus, weil die Haare sukzessive ja immer weniger und die Intervalle zwischen den Behandlungen länger werden", sagt Janny, nach einem Jahr seien nur mehr sogenannte "Touch-up"-Treatments notwendig.

Blöd wäre, wenn eines Tages Achselhaare & Co wieder modern würden. Ein Blick auf die Lust zum körpereigenen Kahlschlag bei Jugendlichen lässt dies wenig wahrscheinlich erscheinen. (Karin Pollack, Rondo, DER STANDARD, 10.05.2013)