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Google muss in Deutschland für Angebote wie "Google News" Lizenzgebühren an Verlage zahlen.

Foto: REUTERS/Michael Dalder

Berlin/Wien - Das sogenannte Leistungsschutzrecht (LSR) hat am Freitag in Deutschland die letzte Hürde im Bundesrat genommen und kann nun in Kraft treten. Das Gesetz erlaubt Verlagen, von anderen Unternehmen wie zum Beispiel Suchmaschinenbetreibern für die Verwendung von Verlagstexten im Internet eine Lizenz zu verlangen. 

Kritiker des "Lex Google", Netzpolitiker, Blogger und Internetunternehmer, befürchten, dass der Informationsaustausch im Internet eingeschränkt werden könnte. Außerdem lässt die Formulierung des Gesetzes offen, wie lang die "kleinsten Textteile" höchstens sein dürfen, die von der Lizenzpflicht ausgenommen sein sollen.

SPD-Verzögerungstaktik gescheitert

Der angekündigte Widerstand aus den Reihen der SPD scheiterte an der Uneinigkeit der SPD-regierten Bundesländer. Führende Sozialdemokraten hatten  angekündigt, das Gesetz im Bundesrat blockieren zu wollen. Ein entsprechender Vorstoß der rot-grünen Landesregierung in Schleswig-Holstein fand am Freitag jedoch nicht die nötige Mehrheit. Er wäre auch nur ein Spiel auf Zeit gewesen. Der Vorschlag hätte das Gesetz an den Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag verwiesen.  SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hatte im Vorfeld der Abstimmung im Bundesrat angekündigt, bei einem Wahlsieg im September werde seine Partei ein "neues, taugliches Gesetz" in die Wege leiten. Auf der Computermesse CeBIT hatte er noch für einen Stopp des Leistungsschutzrechts im Bundesrat geworben.

Verlage uneins

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition hatte das Leistungsschutzrecht am 1. März im Deutschen Bundestag verabschiedet. Presseverlage hatten Druck gemacht, die Regelung zu verabschieden. Der Vorstandschef der Axel Springer AG, Matthias Döpfner, hatte den Gesetzentwurf zur "Schicksalsfrage" erklärt. Ein "Geschenk an Springer", so nennt der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion Volker Beck das Gesetz, das nicht alle Verlage auspacken möchten. Der IT-Szene nahe Verlage wie Heise und Golem aber auch "Spiegel Online". Hier heißt es in eigener Sache: "Unsere Überschriften und Anrisstexte können wie bisher verwendet werden. Wir werden das Leistungsschutzrecht nicht nutzen, um Links und Zitate zu unterbinden." Die "Süddeutsche Zeitung" erlaubt "Aggregatoren wie Rivva" ausdrücklich die Nutzung von Snippets.

VÖZ für rechtssichere Lösung in Österreich

Anders in Österreich. Einmal mehr appelliert der Verband Österreichischer Zeitungen für eine rasche Umsetzung des Leistungsschutzrechts in Österreich. "Die deutsche Stoßrichtung ist richtig, aber die heimischen Content-Produzenten brauchen eine rechtsicherere Lösung noch in diesem Jahr", fordert Geschäftsführer Gerald Grünberger auch eine entsprechende Regelung hierzulande. Österreich habe sogar "die Chance eine Lösung zu schaffen, die sowohl den Content-Produzenten als auch den künftigen Lizenznehmern Rechtssicherheit bietet."

"Schlicht und ergreifend Diebstahl"

Nicht gelten lassen will der VÖZ die Einwände von Leistungsschutzrecht-Gegnern, das Gesetz würde Startup-Unternehmen beschneiden. "Die widerrechtliche Verwendung von fremden Eigentum hat nichts mit Innovationskraft zu tun, das ist schlicht und ergreifend Diebstahl", so Grünberger. Das gelte "im World Wide Web gleichermaßen wie im normalen Leben. Solche Geschäftsmodelle dürfen vom Gesetzgeber nicht befördert werden. Die Informationsfreiheit wird durch das Leistungsschutzrecht nicht beschnitten. Nachrichten können wie bisher uneingeschränkt im Internet gefunden werden. Für private Nutzer gibt es keinerlei negative Auswirkungen. Weiters sind ebenfalls Blogger nicht von diesem Gesetz betroffen. Wer anderes behauptet, betreibt Panikmache."

Schreuder fordert Debatte

Grünen-Politiker Marco Schreuder befürchtet eine Ausweitung der Zielgruppe des Gesetzes auf "tausende Start-ups und Unternehmen", schreibt er in seinem Blog. Die "Win-Win-Situation", das Link zur Originalquelle, unterliege dann der Rechtsunsicherheit. Schreuder, er sitzt für die Grünen im Bundesrat und ist deren netzpolitischer Sprecher, fordert eine Debatte in Österreich: Was noch nicht öffentlich debattiert wurde, könne nicht eingeführt werden. "Das Leistungsschutzrecht betrifft viel zu viele Menschen, um es still und heimlich, womöglich noch hinter verschlossenen Türen ausverhandelt, einzuführen." Er rät Verlagen indirekt zur Einrichtung einer Paywall, "wenn ihr im Internet zur Kassa bitten wollt". (sb/APA/Reuters, derStandard.at, 22.3.2013)