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Im Schatten Willy Brandts: Peer Steinbrück, von 2005 bis 2009 Finanzminister der großen Koalition, verkündet am Freitag in der SPD-Zentrale, dass er Kanzlerkandidat wird.

Foto: EPA/Jensen

Dass SPD-Chef Sigmar Gabriel kleinlaut wirkt, kommt eher selten vor. Am Freitagnachmittag jedoch ist es so weit. "Das Leben kommt manchmal etwas anders, als man es plant", räumt Gabriel im gut gefüllten Willy-Brandt-Haus in Berlin ein, wo er gemeinsam mit dem ehemaligen Finanzminister Peer Steinbrück und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier auf einer Bühne steht.

Die Blicke der Anwesenden sind hauptsächlich auf Steinbrück gerichtet. Denn nach wochenlanger Debatte ist nun klar: Er wird SPD-Kanzlerkandidat, er wird Angela Merkel bei der Bundestagswahl im September 2013 direkt herausfordern.

"Ich nehme die Herausforderung an, um mit der SPD die Bundestagswahl zu gewinnen. Das ist der Anspruch, das ist der Ehrgeiz", sagt er. Und er erklärt auch, dass er die amtierende schwarz-gelbe Regierung durch eine rot-grünen Koalition ablösen wolle.

Gabriel scherzt

Eigentlich hatte die SPD ihren Kanzlerkandidaten erst Ende Jänner 2013 küren wollen. Doch der Druck, innerhalb der sogenannten Troika aus Gabriel, Steinmeier und Steinbrück endlich zu einer Entscheidung zu kommen, wuchs seit dem Sommer. Immer mehr Mitglieder forderten ein Vorziehen der Nominierung. "Das kann ein Parteivorsitzender nicht überhören", sagt Gabriel und versucht die Situation mit einem Scherz zu entkrampfen: "In der SPD ist alles wie früher: Am Ende behält Helmut Schmidt immer recht."

Der von vielen Genossen verehrte Altkanzler hatte sich schon vor einiger Zeit auf Steinbrück festgelegt. Offenbar hat es um die Kandidatur zum Schluss auch kein Gerangel mehr gegeben. Er habe schon 2011 entschieden, nicht Kanzlerkandidat sein zu wollen, erklärt Gabriel.

Grüne begrüßen Steinbrücks Nominierung

In den vergangenen Wochen hat dann auch Steinmeier die "persönliche Entscheidung" getroffen, 2013 nicht anzutreten. Er war im Wahlkampf 2009 Kanzlerkandidat der SPD gewesen. Die SPD sank damals auf ihr schlechtestes Ergebnis, holte nur 23 Prozent und flog aus der Regierung. Letztlich blieb für die Wahl 2013 dann nur noch der 65-jährige Steinbrück übrig. Die Grünen begrüßen seine Nominierung, erklären aber, dass man nicht gemeinsam Wahlkampf führen werde.

Noch eine weitere Personalie bewegte die deutschen Sozialdemokraten am Freitag. Kurt Beck, der seit 18 Jahren Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz ist, wird sein Amt im Jänner abgeben. Er ist wegen der Pleite der Rennstrecke am Nürburgring, für die der Steuerzahler aufkommen muss, schwer unter Druck geraten. Seine Nachfolgerin soll Sozialministerin Malu Dreyer werden. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 29.9.2012)