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Shoppen bei Karstadt ist trotz der Insolvenz weiterhin möglich. Interesse an den Häusern zeigt Metro.

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Weniger Sorge um seine finanzielle Zukunft muss sich der scheidende Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick machen.

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Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz droht wegen der Arcandor-Insolvenz der Ruin, da sie für Aktien ihren gesamten Privatbesitz verpfändete. Geld bekommt hingegen der scheidende Arcandor-Chef. Die Politik empört sein "Trostpflaster".

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Berlin - Einst war sie eine der reichsten Frauen Deutschlands, ihr Vermögen wurde nicht in Millionen, sondern in Milliarden berechnet. Jetzt aber steht Madeleine Schickedanz, die Erbin des Versandhauses Quelle, aufgrund der Insolvenz der "Quelle-Mutter" Arcandor vor dem finanziellen Ruin.

Im Oktober 2008 hat Schickedanz beim Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim einen Kredit aufgenommen, um Aktien von Arcandor (Karstadt-Kaufhäuser, Reisekonzern, Versandhandel) zu kaufen. Dem Magazin Stern liegen vertrauliche Papiere über die Kreditbesicherung vor. Diese zeigen: Um den Kauf zu finanzieren, hat Schickedanz alles verpfändet, was ihr in Deutschland persönlich und als Alleineigentümerin gehört.

Und das ist nicht wenig: Die Bank ließ sich Grundschulden von 215 Millionen Euro in die Grundbücher der Schickedanz-Anwesen eintragen. Sollte die 65-Jährige ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, dann kann die Bank mindestens elf Immobilien und Grundstücke per Zwangsvollstreckung veräußern - darunter Immobilien in Hamburg und München, eine Ferienvilla mit Bootshaus am bayerischen Tegernsee. Allerdings hat Schickedanz vorgesorgt. Das größte Anwesen der Familie - eine repräsentative Villa mit großem Park bei Fürth - übertrug sie bereits 2005 auf ihren Sohn. Sie selbst genießt hier lebenslanges Nutzungsrecht.

Doch nachdem am Dienstag das Insolvenzverfahren über 37 Arcandor-Gesellschaften eröffnet worden ist, beginnt nicht nur für Schickedanz das Zittern, sondern auch für die Angestellten. Es gibt keinen Investor, der den gesamten Konzern übernehmen will. Bis Anfang November soll klar sein, was mit den einstigen Aushängeschildern von Arcandor - den Karstadt-Kaufhäusern und dem Quelle-Versand - passiert. Kunden merken von den Turbulenzen derzeit noch nichts. Die deutschen Karstadt-Häuser sperren nach wie vor täglich ihre Pforten auf, Quelle liefert weiterhin Bettwäsche, Töpfe und Kleidung an die Kunden aus.

Doch Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg hat bereits Massenentlassungen im Versandhandel (Quelle, Primondo) angekündigt. Von 10.500 werden 3700 Stellen wegfallen. Derzeit wird über Sozialpläne und Abfertigungen verhandelt. Unklar ist auch, wie lange die Karstadt-Mitarbeiter noch bezahlt werden können.

Weniger Sorgen um seine finanzielle Zukunft muss sich Karl-Gerhard Eick machen, der erst im Februar 2009 von der Telekom als Chef zu Arcandor wechselte. Er schied, gemeinsam mit fünf weiteren Vorstandsmitgliedern, aus dem Unternehmen aus und erhält 15 Millionen Euro. Diese Summe hat er sich vor Dienstantritt als Gehalt für fünf Jahre garantieren lassen - auch im Falle einer vorzeitigen Insolvenz.

Dafür wird Eick von der wahlkämpfenden Union gegeißelt. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erklärt: "Wenn jemand, der ein insolventes Unternehmen leitet, für sechs Monate Arbeit das gesamte Gehalt für fünf Jahre bekommt, habe ich dafür absolut kein Verständnis." Auch der Chef der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, findet dies "völlig daneben", es widerspreche dem "Leistungsprinzip". Eick will nun fünf Millionen Euro "zur sozialen Abfederung von Insolvenzfolgen für Mitarbeiter im Konzern" spenden. (Birgit Baumann, Berlin, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.9.2009)