Vier Personen stehen mit Fahrrädern am Rand eines Weges, im Hintergrund ist Gebirge zu sehen.
Die Berge sind neben den Seen Anziehungspunkt für Urlauber in Österreich – allerdings müssen Reisende heuer dafür viel tiefer in die Tasche greifen als früher.
Getty Images

Nach einer Stagnation im Vormonat ist die Teuerung im April deutlich zurückgegangen, nämlich auf 3,5 Prozent nach 4,1 Prozent im März. Das ist der geringste Preisauftrieb in Österreich seit September 2021. Ausschlaggebend für den Rückgang waren die Gaspreise, die erstmals seit dem Jahr 2020 deutlich unter das Vorjahresniveau gefallen sind. "Allerdings liegen die Preisanstiege in der Gastronomie weiterhin über dem Durchschnitt, und der Preisauftrieb an den Tankstellen hat sich sogar verstärkt", erklärt Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Hohe Teuerung hin oder her: Die Nachfrage nach Sommerurlaub dürfte heuer ungebrochen sein. 58 Prozent der Österreicher sagen laut einer aktuellen Analyse des Instituts für Handel, Absatz und Marketing an der Linzer Johannes-Kepler-Universität, dass sie sich nicht von einem Sommerurlaub abhalten lassen wollen. "Der Kampf ums Geldbörserl der Konsumentinnen lautet im heurigen Sommer Einkaufen versus Reisen", urteilt Institutsleiter Christoph Teller. Demnach geben 44 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen ihr Geld lieber für einen Ferientrip aus als für Einkäufe im Einzelhandel. Damit sich das ausgeht, würden 29 Prozent bei ihren Einkäufen sogar sparen, um das nötige Geld für einen Urlaub aufzubringen. Wobei gerade Haushalte mit vergleichsweise hohem Einkommen lieber verreisen, als ihr Geld beim Shoppen auszugeben. Die erzwungene Enthaltsamkeit während der Pandemie hat die Reiselust bei vielen Menschen umso heftiger entfacht.

Mehr Übernachtungen

Das spiegelt sich auch in einer aktuellen Branchenerhebung der Bank Austria wider. Die Anzahl der Übernachtungen erreichte schon im Jahr 2023 fast das Allzeithoch von 2019. Mit 30,8 Milliarden Euro aus dem Binnenreiseverkehr und dem internationalen Reiseverkehr zusammen wurden in Österreich im Vorjahr um fast 3,5 Milliarden Euro bzw. 12,5 Prozent mehr Einnahmen erzielt als 2019, dem Jahr mit dem bisherigen Höchstwert vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Schwimmen die Betriebe jetzt also in Geld? "Nein", sagt Martin Stanits, Sprecher der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Was aus der Branche zu hören sei: "Die Aufregung über die Preisanstiege wird als nicht gerechtfertigt wahrgenommen."

Stichwort Preisanstiege: Die nackten Zahlen der Statistik Austria zeigen sehr wohl, dass der Preisauftrieb für einen Urlaub in Österreich weit überdurchschnittlich ausgefallen ist – und es voraussichtlich auch bleiben wird. Zur Verdeutlichung: Während in den vergangenen vier Jahren die Inflation in Österreich insgesamt fast 24 Prozent betrug, sind die Kosten der Beherbergungsdienstleistungen, also das Logieren in Hotels oder ähnlichen Einrichtungen, um annähernd 36 Prozent in die Höhe geschossen.

Nicht voll weitergegeben

ÖHV-Sprecher Stanits verweist darauf, dass die Betriebe die Kostensteigerungen gar nicht vollumfänglich weitergeben könnten, weil Gäste Preise nachzuverhandeln versuchen. Energiekosten und die in weiterer Folge gestiegenen Lebensmittel- und Mitarbeiterkosten sowie steigende Zinsen nennt Stanits als Kostentreiber für die Hotellerie. Dazu kämen Zweitrundeneffekte: Jede Agentur, jeder Auftragnehmer, jeder Verkäufer habe Preissteigerungen weitergegeben. Eine Sicht, die die Analyse der Bank Austria in gewisser Weise stützt: Der Anstieg der Gesamteinnahmen relativiere sich angesichts der hohen Inflation im touristischen Bereich, heißt es dazu. Preisbereinigt lagen demnach die Einnahmen 2023 um 13,5 Prozent unter dem Wert von 2019.

Das wird für die mit den hohen Preisen konfrontierten Urlaubsgästen wohl nur ein schwacher Trost sein, zumal es mit den Kosten für Übernachtungen längst nicht getan ist. Auch mit den Preisen für Bewirtung ging es steil nach oben, im März waren Restaurants oder Cafés um 34 Prozent teurer als noch vor vier Jahren. Auffallend dabei: Trotz des in den meisten Lokalen sehr überschaubaren Angebots an vegetarischen Speisen haben sich gerade diese extrem verteuert und kosten um 47 Prozent mehr als vor vier Jahren. Aber auch bei Schnitzerl und Rostbraten fallen saftige Preissteigerungen an: Fleischgerichte verzeichneten Zuwächse um die 40 Prozent.

Der Gastgarten eines Wirtshauses.
Nicht nur die Kosten für die Beherbergung sind enorm gestiegen, auch in der Gastronomie ist der Preisauftrieb weit überdurchschnittlich.
APA/EVA MANHART

Bei in Lokalen konsumierten Getränken sticht Wein mit einer 41-prozentigen Verteuerung hervor, während Bier und alkoholfreie Getränke um etwa ein Viertel teurer wurden. Dazu kommen im Urlaub weitere Nebengeräusche. Wer mit dem eigenen Auto anreist, muss für Diesel oder Benzin um fast die Hälfte mehr ausgeben, während Normalpreistickets für Zugfahrten binnen vier Jahren nur um vergleichsweise glimpfliche zwölf Prozent teurer wurden. Alles in allem gilt es also für einen Urlaub im Land um einiges mehr hinzublättern.

Was ist an der touristischen Preisfront künftig zu erwarten? ÖHV-Sprecher Stanits geht davon aus, dass es das im Großen und Ganzen mit den Preissteigerungen gewesen ist. Da und dort werde es wohl noch Nachzieheffekte geben angesichts der Lohnsteigerungen. Der Kollektivvertrag wurde jüngst festgezurrt: Beschäftigte im Hotel- und Gastgewerbe erhalten seit Mai durchschnittlich um sechs Prozent mehr Geld und ab November um weitere zwei Prozent. In der Qualitätsgastronomie bzw. -hotellerie tue man sich leichter, solche Gehaltssteigerungen zu schlucken, sagt Stanits.

Geringere Gewinne

Auch Wifo-Ökonom Oliver Fritz will den Tourismus nicht als Preistreiber sehen. "Die Bilanzen der Betriebe schauen jetzt nicht so rosig aus." Manche Betriebe machten zwar viel Umsatz, aber trotzdem gingen die Gewinne zurück. "Die Leute fahren auf Urlaub, aber sie sparen auch", sagt Fritz. Ohnehin seien die Gäste ein wichtiges Korrektiv. Anders ausgedrückt: Urlaub ist nicht lebensnotwendig, und die Konsumenten und Konsumentinnen haben die Wahl – ein anderes Reiseziel, kürzere Urlaubsdauer, Urlaub auf Balkonien. Wenn die Betriebe also in diesem Bereich Preissteigerungen durchsetzen können, dann sei dagegen wenig einzuwenden.

Ob das die erholungssuchende Bevölkerung auch so sieht? Jedenfalls geht aus einer Umfrage der Erste Bank hervor, dass nur jede fünfte befragte Person vorhat, heuer für den Urlaub tiefer in die Tasche zu greifen als im Vorjahr. Das wird bei einer Reise innerhalb Österreichs angesichts der laufenden Preissteigerungen auch nötig sein, um zumindest das Niveau zu halten. Denn jene 57 Prozent, die gleich viel ausgeben wollen, werden sich darum weniger leisten können als noch 2023 – ganz zu schweigen von jenen, die aus Geldnöten das Urlaubsbudget ohnedies kürzen müssen. (Regina Bruckner, Alexander Hahn, 17.5.2024)