Mann mit einer Spritze erzeugt eine Dunstwolke zwischen Pflanzen.
In Bangalore in Indien versprüht ein Mann in öffentlichem Auftrag ein Mittel gegen die Malariamücke.
EPA/JAGADEESH NV

Die gute Nachricht zuerst: Die Malariagebiete in Afrika werden im Zuge des Klimawandels schrumpfen. Und einer neuen Studie zufolge dürfte das schneller gehen als bisher angenommen. Bis zum Ende des Jahrhunderts wird es voraussichtlich einen Rückgang der aufgrund von Temperatur und Wasserverfügbarkeit zur Malaria-Übertragung geeigneten Gebiete geben, heißt es in der neuen Publikation im Fachjournal Science.

Der Malaria-Erreger wird durch Anopheles-Stechmücken übertragen, deren Verbreitung unter anderem davon abhängt, ob Wasserreservoire als Brutstätten vorhanden sind. 2022 wurden der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge weltweit 249 Millionen Malariainfektionen erfasst, davon 94 Prozent in Afrika. Weltweit starben 608.000 Menschen in dem Jahr an der Krankheit, 76 Prozent davon waren Kinder unter fünf Jahren.

Stehendes Wasser entscheidend

Die Lufttemperatur beeinflusst unter anderem, wie schnell sich die Überträgermücken und die Plasmodien im Körper der Insekten entwickeln. Oberflächenwasser – je nach Mückenart zum Beispiel gern Pfützen, Tümpel oder Flusssaum – ist als Brutstätte ein wichtiger Faktor.

Bei den meisten Berechnungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Malaria werde für das Wasser nur die prognostizierte Niederschlagsmenge berücksichtigt, erläutert das Team um Mark Smith von der University of Leeds. Sie allein sei aber kein guter Indikator für die Verfügbarkeit von stehendem Wasser.

Die Forschenden bezogen nun auch andere hydrologische Merkmale wie die Verdunstung sowie den Abfluss von Wasser mit ein. Das sei unter anderem deshalb wichtig, weil so Flusssysteme und Überschwemmungsgebiete direkt mit dargestellt würden, an denen wie etwa am Nil oft Bevölkerungsschwerpunkte lägen.

Rückgang in Westafrika

Die kombinierten Modelle lassen dem Team um Smith zufolge darauf schließen, dass die Gesamtfläche der für Malaria-Übertragungen geeigneten Gebiete in Afrika nach 2025 bis 2100 abnehmen wird, zum Beispiel in weiten Teilen Westafrikas.

Gleichzeitig würden allerdings jene Flächen größer, in denen die Malaria-Erreger mindestens neun Monate pro Jahr übertragen werden können – das betreffe vor allem Regionen entlang großer Flüsse. Da in diesen mehr Menschen lebten, könnten den Modellierungen zufolge bis zu viermal mehr Menschen in künftig ganzjährigen Malariaregionen leben.

Malaria übertragende Mücken vermehren sich nur in klarem, sonnenbeschienenem Wasser. Meistens stechen sie nachts zwischen zehn Uhr abends und vier Uhr morgens.
IMAGO/Soumyabrata Roy

Studie mit Fragezeichen

Ganz ohne Kritik ist die Studie nicht. In einer unabhängigen Einordnung kommentiert Mario Recker vom Institut für Tropenmedizin der Universität Tübingen indes, dass die Studie ein erhebliches Maß an Unsicherheit berge, welches die Autoren nicht berücksichtigt hätten: Zum einen enthielten die zugrunde liegenden Klimavorhersagemodelle selbst Unsicherheiten. "Das vielleicht größte Fragezeichen ist jedoch die Annahme, dass abgesehen von den künftigen Bevölkerungsprognosen alle anderen Umweltvariablen, die das Krankheitsrisiko beeinflussen, über den hier betrachteten Vorhersagezeitraum von 50 bis 80 Jahren konstant bleiben werden", so Recker.

Der Experte warnt zudem davor, die Ergebnisse der Studie derart zu interpretieren, dass der Klimawandel zu einem Malariarückgang führen werde – ebenso vorsichtig sei die in den Modellierungsprojektionen berichtete Vervierfachung der Zahl gefährdeter Personen zu betrachten. "Schließlich spielt das Klima zwar eine wichtige Rolle im Übertragungszyklus der Malaria, aber Interventionsmaßnahmen und künftige Entwicklungen werden wohl einen viel größeren Einfluss auf diese Krankheit haben als der Klimawandel", betont Recker.

Es sei wichtig, daran zu denken, dass in einem Gebiet, das als geeignet für die Übertragung von Malaria gelte, nicht unbedingt ein unmittelbares Risiko bestehe. "Malaria war bis Mitte des 20. Jahrhunderts in weiten Teilen Europas endemisch, konnte aber durch eine verbesserte Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Landbewirtschaftung erfolgreich beseitigt werden", erläutert Recker. Ob Ressourcen vorrangig in bestimmte Gebiete fließen sollten, die in 50 Jahren zu Malaria-Hotspots werden könnten oder nicht, sei jedoch umstritten, "insbesondere angesichts der Unsicherheiten, die mit diesen Prognosen verbunden sind".

Ausbreitung in Europa

Sicher scheint indes, dass jenseits von Afrika künftig auch Länder betroffen sein dürften, in denen Malaria derzeit keine oder kaum eine Rolle spielt: So beschreiben Prognosen, dass sich Malaria, aber auch Krankheiten wie Zika- und Dengue-Fieber künftig weiter nach Norden ausbreiten werden – auch in Europa.

Vor allem in Südeuropa tragen zuletzt Chikungunya-, Dengue- und Malaria-Fälle auf. In Apulien kehrte nach 50 Jahren die Malariamücke wieder zurück. Auch Zika-Infektionen gab es mehrfach. Die Arten, die diese Krankheiten übertragen, sind in Europa eigentlich nicht heimisch, verbreiten sich aber im Zuge des Klimawandels. (red, APA, 10.5.2024)