Modedesignerin Miuccia Prada im Februar 2024 nach einer Show in Mailand.
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Mailand – Nützlich soll ihre Mode in erster Linie sein. Und sie soll alle ansprechen: vom Kind bis zum Erwachsenen. So machte sie die Marke Prada zum Kultmodelabel. Doch damit nicht genug, zog die Italienerin mit der Marke Miu Miu noch einen Moderiesen hoch. Am Freitag (10. Mai) wird Miuccia Prada 75 Jahre alt.

Alles fing mit einer Handtasche aus schwarzem Militärnylon an. Ihre erste Designarbeit für das Familienunternehmen, das sie im Alter von 28 Jahren überraschend von ihrer Mutter übernahm, erwies sich als geniale Idee. Praktisch, leicht, wasserfest – und vor allem nützlich. Bis heute ist die Nylonhandtasche von Prada ein Kultobjekt. In der Folgezeit machte Miuccia Prada das Modehaus mit revolutionären Designs, schlichtem Understatement und praktischen Materialien zu einer weltweit erfolgreichen Marke.

Neben den klassischen Kleidern und Schnitten, die unter ihrer Ägide bei Prada produziert wurden, prägte die Italienerin als eine der ersten großen Modemacherinnen den sogenannten Ugly Chic (frei übersetzt etwa: hässliche Eleganz). Erstmals zeigte Miuccia Prada 1996, wie gut Ugly Chic aussehen kann. Sie wollte provozieren, indem sie das vermeintlich Unpassende in den Mittelpunkt stellte. Knalliges Grün prallte auf staubiges Braun, dicker Zopfstrick auf hauchdünne Transparentstoffe, Retro auf Futuristisches, Plastik auf Kristall und Socken auf High-Heel-Sandalen. Sie spielte mit dem Hässlichen und dem Schönen, mit Tabus und Normen – und feierte damit einen Riesenerfolg.

Prada setzte Trends – und folgte ihnen selten. "Irgendwie wurde das, was man Bad Taste nennt, in der Mode nie akzeptiert. Damals war es eine Art Skandal, eine Beleidigung. Auch heute noch ist die Mode manchmal der Ort der klischeehaften Schönheit, aber es ist das Klischee der Schönheit, das komplett entfernt – ja, verändert – werden muss", erklärte Prada kürzlich dem Modemagazin "Vogue". Pradas Mode stellte immer die Frau ins Zentrum: "Die Vorstellung von einer Frau als schöne Silhouette – nein! Ich versuche, Frauen zu respektieren. Ich neige nicht dazu, Kleider zu entwerfen, die supersexy sind."

Familiensache

Heute ist die Prada-Group, zu der neben Prada auch das seit 1993 bestehende Label Miu Miu gehört, ein erfolgreicher Player in der Modewelt. Der Konzernumsatz belief sich im vergangenen Jahr auf knapp 4,73 Milliarden Euro. Den Konzern führt Pradas Ehemann Patrizio Bertelli. Längst vermarktet Prada auch Parfüms, Schmuck und Sonnenbrillen.

Eigentlich war ihr die Karriere als erfolgreiche Modemacherin in die Wiege gelegt, doch als junge Frau wehrte sie sich vehement dagegen, im Familienunternehmen zu arbeiten. 1913 hatte ihr Großvater Mario mit seinem Bruder Martino ein Unternehmen für hochwertige Lederwaren gegründet. Der Name damals: Fratelli Prada, die Brüder Prada. Später übernahm ihre Mutter Luisa. Miuccia Prada, am 10. Mai 1949 als Maria Bianchi geboren, studierte zunächst Politikwissenschaft und promovierte. Danach ließ sie sich als Pantomime ausbilden. Eine Zeitlang war sie Mitglied der Kommunistischen Partei Italiens. Schon damals wollte sie anders sein. Bei den Demonstrationen und Sit-ins tauchte sie nicht wie ihre Genossinnen in Jeans auf, sondern trug Kleider des französischen Designers Yves Saint Laurent.

Miuccia Prada während der Eröffnung der Ausstellung "Karl Lagerfeld: A Line of Beauty" 2023 im Metropolitan Museum in New York.
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Mit 28 Jahren übernahm sie gemeinsam mit ihren beiden Geschwistern das Unternehmen von ihrer Mutter. Sie nahm deren Geburtsnamen an und nannte sich Miuccia – ihr Spitzname aus Kindheitstagen. Ihr Ehemann, mit dem sie zwei Söhne hat, animierte sie zu designen. Nach eigenen Angaben hatte sie zuvor nie einen Stift in der Hand gehalten. Sie habe auch nie gelernt, zu zeichnen und zu schneidern, ihre Mode entwerfe sie immer "mit Worten".

Mit ihrem Ehemann baute Miuccia Prada das Unternehmen zu einem Millionenimperium aus. Aus dem altehrwürdigen Familienbetrieb, der 1919 vom damaligen König Vittorio Emanuele III. zum königlichen Hoflieferanten ernannt wurde, machten sie einen modernen Modekonzern. 1993 gelang Prada mit ihrem zweiten Label Miu Miu ein weiterer Coup.

Als eine der wenigen Frauen in der von Männern dominierten italienischen Modewelt stach Miuccia Prada mit ihren Entwürfen hervor. Neben ihr? Gibt es nur noch Donatella Versace, die ähnlich erfolgreich ist. Doch Prada will sich nicht an vergangenen Erfolgen messen. "Wenn die Leute fragen: 'Bist du glücklich über deinen Erfolg in der Mode?' Das ist mir völlig egal", erklärte sie gegenüber der "Vogue". Sie treibe der Gedanke an, dass sich die Menschen, die ihre Kleider tragen, selbstbewusst fühlen. "Mode ist eine Darstellung der eigenen Vision der Welt. Denn sonst ist Mode meiner Meinung nach nutzlos." (APA, red, 10.5.2024)