Matthias Schrom (50), bis Herbst 2022 Chefredakteur des ORF, verlässt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf eigenen Wunsch bisher ungenannten Ziels. Das bestätigte ein ORF-Sprecher am Samstag auf STANDARD-Anfrage.

Nach seinem Rücktritt vor eineinhalb Jahren wegen Chats aus 2019 mit dem damaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache leitete Schrom im ORF den Bereich Smart Producing und entwickelte jüngere Formate zu Festivals und Events. Der Journalist und Manager drängte aber zurück in operative Funktionen. Schrom wollte offenbar kein Weißer Elefant im ORF werden.

Matthias Schrom, bei der Aufnahme noch Chefredakteur von ORF 2.
Matthias Schrom, bei der Aufnahme noch Chefredakteur von ORF 2. Nun verlässt er den ORF.
ORF Thomas Ramstorfer

Ein ORF-Sprecher erklärte am Samstag: "Matthias Schrom verlässt auf eigenen Wunsch das Unternehmen und widmet sich neuen Aufgaben. Er war über 20 Jahre im ORF in verschiedenen Funktionen beschäftigt, als Chefredakteur der TV-Information sorgte er für zahlreiche Innovationen." ORF-Generaldirektor Roland Weißmann respektiere diesen Schritt, er dankt Schrom für die Jahrzehnte guter Arbeit und wünsche ihm "alles Gute für seine berufliche Zukunft".

Rücktritt nach Chats

Nach unbestätigten STANDARD-Informationen hatte Schrom in den vergangenen Monaten Angebote etwa für eine Managementfunktion im Ausland, auch mit dem Raiffeisensektor soll es Kontakte gegeben haben. Schrom kommentierte diese Informationen nicht. DER STANDARD fragte am Samstag nach seinem künftigen Betätigungsfeld an, Stellungnahmen werden ergänzt.

Vom ORF verabschiedete sich Schrom, der zuletzt auf der Transparenzliste der Spitzenverdiener im ORF im unteren Drittel stand, per einvernehmlicher Trennung.

Schrom rückte 2018 vom für die FPÖ zuständigen Innenpolitikredakteur der "ZiB" zum Chefredakteur von ORF 2 auf, damit zuständig für einen Großteil der ORF-Fernsehinformation. Die FPÖ sah sich von Schrom in seiner Berichterstattung über sie fair behandelt und verwendete sich für sein Avancement im ORF, als sie als Partner der ÖVP eine Regierung bildete. Wenige Monate nach deren Angelobung baute der ORF das TV-Management um, strich den Job des bisherigen, der SPÖ zugerechneten Chefredakteurs und schuf zwei neue Positionen von Channel Managern für ORF 1 und ORF 2, beide bürgerlich besetzt, sowie zwei Chefredakteuren, einer bürgerlich, einer auf blauem Ticket.

"Interventionsabwehrkämpfer"

Im Herbst 2022 wurden Chatprotokolle aus 2019 bekannt, in denen sich Strache bei Schrom über seine Darstellung in ORF-Nachrichten beschwerte und Schrom Verständnis zeigte, ihn bestärkte und ihm Tipps für Interventionen gab.

Schrom, dem auch der Redakteursrat eine tadellose und professionelle Amtsführung attestierte, trat daraufhin im Herbst 2022 als Chefredakteur zurück. Er räumte "peinliche" und "unschöne" Chats, betonte aber in einem Rundmail an die Redaktion, dass er in seinem Job "mehr Filter und Interventionsabwehrkämpfer war, als manchen bewusst sein könnte". Schrom damals: "Ich stehe zu meinen Fehlern und gebe dafür niemandem die Schuld außer mir selbst, deshalb ziehe ich auch die aus meiner Sicht nötigen Konsequenzen", schrieb Schrom.

Schrom galt im ORF als mögliche Personalreserve für eine freiheitliche Regierungsbeteiligung nach der nächsten Nationalratswahl im Herbst. Dem würde sein aktueller Rückzug aus dem ORF nicht zwingend entgegenstehen. (fid, 4.5.2024)