Dass die Europäische Zentralbank (EZB) ab Sommer 2023 überprüfen ließ, in welcher Höhe und zu welchen Konditionen die Banken der Eurozone Kredite an René Benkos mittlerweile kollabierte Signa-Gruppe verliehen hatten, machte den Konzern hochnervös. In den Insolvenzanträgen vom Ende vergangenen Jahres steht gar zu lesen, dass die EZB-Prüfung ein wichtiger Grund dafür gewesen sei, dass es rapide bergab ging.

Nun zeigen Berichte in News und der Kronen Zeitung, dass auch Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Causa Bankenprüfungen involviert war. Benko ließ laut dem Bericht im Juli 2023 Hintergrundinformationen zur Prüfung und die Lebensläufe der Prüfer gezielt recherchieren – und leitete diese Informationen danach an Kurz weiter. Bisher ist bekannt, dass Kurz für Benko als Berater agierte, der für Investitionen bei Geldgebern im Nahen Osten war. Dass der Unternehmer und der Ex-Kanzler auch im heiklen Feld der Bankenprüfungen kooperierten, wirft neue Fragen auf.

René Benko und Sebastian Kurz
René Benko und Sebastian Kurz hatten engen Kontakt, auch in Fragen der Bankenaufsicht.
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Laut Krone und News ließ sich Benko von seinem persönlichen Assistenten die Lebensläufe zweier führender Bankenprüfer schicken. Recherchiert seien sie dem Vernehmen nach von einem großen Beratungsunternehmen worden. Einer der Kontrollore soll für die EZB tätig sein, der andere für die Oesterreichische Nationalbank (OeNB). Gleich danach schickte Benko die E-Mail an Kurz weiter. Dieser antwortete mit "Danke". Später gingen auch Informationen zur internen Organisationsstruktur der EZB-Bankenaufsicht von Benko an Kurz.

Systemrelevante Banken

Im Juli 2023 hatte sich die EZB zu dem ungewöhnlichen Schritt entschlossen, die Benko-Prüfung vorzunehmen. Ungewöhnlich ist die Maßnahme deshalb, weil Prüfungen sich normalerweise nicht spezifisch auf einen bestimmten Kreditnehmer fokussieren. Aber im Fall der Kreditbeziehungen zwischen Banken und der Signa hatte die EZB offenbar Sorge, dass sich aufgrund der hohen Signa-Kredite ein Risiko für die Banken auftun könnte. Gemäß der Arbeitsteilung bei der Bankenaufsicht in Europa ist die EZB für die systemrelevanten Geldhäuser der Mitgliedsstaaten zuständig, in Österreich etwa Raiffeisen Bank International (RBI), Unicredit Bank Austria und Erste. Für die kleineren Geldhäuser sind die nationalen Aufsichten zuständig.

Aufregung in OeNB

In der Nationalbank sorgen die Neuigkeiten rund um Benkos Aktivitäten für große Aufregung. Die OeNB wird die Angelegenheit genau prüfen, ist zu hören, und der Frage nachgehen, woher die Information über die beiden Bankenprüfer gekommen sein könnten. Auch der Frage, ob es auf ihrer Seite undichte Stellen gegeben haben könnte, über die die Infos über die Identität der Prüfer an Benko gekommen sein könnten. Dem Vernehmen nach soll die Information von einer deutschen Bank zur Signa gekommen sein; auch ein Wirtschaftsprüfer dieses Instituts soll involviert sein. In der OeNB soll nun auch geklärt werden, ob allenfalls jemand – aus der Bank oder von außerhalb - die beiden Bankenprüfer angesprochen hat. Auch rechtliche Schritte sollen geprüft werden, im Sinne der beiden Prüfer und ihres Schutzes.

Zuständig für die Bankenprüfung ist im Direktorium Vizegouverneur Gottfried Haber (ÖVP). Von der OeNB selbst war am Donnerstagvormittag keine Stellungnahme zu erhalten. Auch Benkos Anwalt, Nobert Wess, wollte keine Stellungnahme abgeben. Aus Signa-Kreisen ist zu hören, dass damals, im Sommer 2023, große Hektik geherrscht habe rund um die Prüfungen der EZB, alle hätten ihre Kontakte genützt, um Informationen über die EZB-Aktivtäten herbeizuschaffen. (Joseph Gepp, Renate Graber, 2.5.2024)