Unterwasser ist eine Trauung mit nur wenig Worten möglich.
Unterwasser ist eine Trauung mit nur wenig Worten möglich.
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Ja-Sager können in Monte-Carlo untertauchen, vor Bali oder Cancún und im Weißensee. Weiters vor Sizilien, im Zürisee oder in einem Hallenbad mit Plastikpalmen in Nordrhein-Westfalen. Auf einschlägigen Hochzeitsportalen gibt es unglaublich viele Angebote für Brautpaare, die mit Taucherbrille, Druckluftflasche und "Ich will"-Schild schweigend unter Wasser den Bund der Ehe eingehen wollen. Oder für Verlobte, die auf der Achter- oder in der Gruselbahn Ja schreien, im Heißluftballon oder am Fallschirm hängend heiraten oder auf Berggipfeln im Zustand höchsten Glücks Ringe tauschen möchten. Wer sich bei den vielen Anbietern für Eheschließungen mit Exotikfaktor umsieht, ist jedenfalls schnell überzeugt, dass überhaupt niemand mehr im Standesamt heiratet. Auch so spießige Ziele für die Flitterwochen wie Italien oder Mauritius kommen wohl für kaum jemanden noch infrage.

Höhere Sphären

Auch die deutsche Ausgabe der Vogue widmet sich regelmäßig dem Thema und schlägt vor, ruhig den anderen die Malediven für eine popelige Hochzeitsreise zu überlassen, wenn man doch selbst auf die Andamanen fahren kann. Oder wenn schon unbedingt Südsee, dann besser nicht das langweilige Bora Bora, sondern das paradiesische Palau. Wem das immer noch zu gewöhnlich ist und überlaufene Ziele wie die Masai-Mara oder Kambodscha scheut, für den eröffnen sich zum Jahreswechsel Alternativen. Nahezu zeitgleich wollen das US-amerikanische Unternehmen Space Perspective und das französische Zephalto Heißluftballons in noch höhere Sphären hieven.

Um 125.000 Euro per Person will Space Perspective Interessierte Ende 2024 mit dem Ballon ins All bringen oder genauer gesagt an den Rand der Erdatmosphäre. Warum ist das so teuer? Umweltschutz kostet eben, denn laut Angaben des Unternehmens ist der Heißluftballon ausschließlich mit Wasserstoff unterwegs und fliegt deshalb völlig CO2-neutral. Eine Gründerin verrät, dass bereits eine große Schar an Paaren auf der Warteliste für ihre Hochzeitsfeier im All stünden.

Flitterwochen nahe den Sternen: Brautpaare können mit dem Ballon von Zephalto ab 2025 um 340.000 Euro ins All abheben.
Zephalto

Die Weltraumkapsel Céleste, die an einem Ballon des französischen Mitbewerbers Zephalto hängt, ist sogar schon jetzt über das Münchner Reisebüro Art of Travel buchbar. Ab 2025 soll das Ding rund 60-mal pro Jahr mit der Erlaubnis der französischen Weltraumbehörde um 170.000 Euro pro Person abheben. Wer ein Angebot für diese Pauschalreise einholt, bekommt den genauen Fahrplan.

In 90 Minuten steigt der Ballon auf 25 Kilometer über die Erde und schwebt dann für drei Stunden in der Stratosphäre. Weitere 90 Minuten dauert der Abstieg. Man habe sich für genau diese Höhe entschieden, weil man sich in der Dunkelheit des Weltraums befindet und 98 Prozent der Atmosphäre unterhalb liegen. "So lässt sich die Krümmung der Erde in der blauen Linie sehen", sagt Farret d’Astiès, Gründer von Zephalto.

Ausblick und Atmosphäre (sowohl Sauerstoff, wie auch Stimmung) sind dafür inklusive.
Zephalto

Der Ausflug in die Schwerelosigkeit mit ihrem Ballon sei aber nur fast CO2-neutral und im Vergleich ungefähr so schädlich wie eine Autofahrt von Paris nach Lille. Was rechtfertigt dann den Aufpreis zum sauberen Angebot der Amis? Für die Innenausstattung der Kapsel habe man den renommierten französischen Designer Joseph Dirand verpflichtet, der Balmain- und Givenchy-Shops und viele noble Restaurants gestaltet hat. Unterwegs werden Menüs (angeblich auf Sterne-Niveau, aber diese Aussage stimmt dort oben ja sowieso immer) für bis zu sechs Gäste serviert. Die können statt eines Raumanzuges problemlos auch Hochzeitskleid und Anzug tragen. Denn der Ferienflug in französischer Atmosphäre bietet sich klarerweise auch als kombinierte Reise für eine Trauungszeremonie und sehr kurze Flitterwochen an.

Heiraten auf der Hochzeitsreise

Dass die meisten hierzulande bei der Planung von Hochzeitsreisen nicht gleich nach den Sternen greifen, zeigt ein Anruf beim lokalen Reisebüro. Dennoch entscheiden sich auch bei geringeren Budgets immer mehr Menschen dafür, die Hochzeit gleich dort abzuhalten, wo sie auch ihre Flitterwochen verbringen wollen, wie Sonja Christian von Mondial bestätigt. Sie organisiert zusammen mit drei weiteren Kolleginnen seit vielen Jahren Hochzeitsreisen, Zeremonien und Trauungen im Ausland, die in Österreich anerkannt werden.

Zu den bevorzugten Destinationen der Kundinnen und Kunden zählen Ziele im Indischen Ozean: Mauritius, die Malediven und die Seychellen. Letztere würde auch Christian persönlich empfehlen, weil die intime Atmosphäre am Strand dort am besten zu spüren und vieles gut zu organisieren sei. Überdies wären immer öfter Hawaii und die Südsee gefragt, weil dort rechtsgültig geheiratet werden kann.

Hauptsache, nass

Von den maßgeschneiderten Hochzeitsreisen verkauft das Büro rund eine pro Woche, aber Eheschließungen mit Tauchgang seien noch nie angefragt worden. Es sei eher ein ähnliches Reiseverhalten wie sonst auch festzustellen: Am liebsten sind die Österreicherinnen und Österreicher am Meer und das immer häufiger im Rahmen einer Fernreise. In der Nähe boomen vor allem Santorin wie überhaupt Griechenland und die Toskana.

Ein interessanter Trend, der die Pandemie überdauert hat, sind Reisen samt Zeremonien nur zu zweit. "Während Corona konnten Paare leicht behaupten, sie müssen ohne Gäste heiraten. Doch viele benutzten das nur als Ausrede, weil sie ohnehin lieber unter sich bleiben wollten", sagt Christian. Außerdem käme eine Hochzeit weit weg von Verwandten und Freunden oft deutlich günstiger als ein Fest in Österreich.

Ab 5000 Euro ist man mit einem Hochzeitsreisekomplettpaket in Europa dabei, im Indischen Ozean beginnt der Preis bei 15.000 Euro. Wirklich saisonabhängig sei das Geschäft mit den Flitterwochen nicht, man könne Hochzeitsreisen das ganze Jahr über verkaufen. Und was die Dauer der Reisen betrifft, würde man sich an einem allgemeinen Trend orientieren: Wenn schon fliegen, dann wenigstens länger bleiben. Viele Flitterwochen werden deshalb schon auf drei Wochen ausgelegt, oft kombiniert mit Inselhüpfen. Aber alles nicht zu vergleichen mit Paaren, die bald auf einen sechsstündigen Sprung in die Stratosphäre schauen, um möglichst weit oben bei den Sternen im Hafen der Ehe zu landen. (RONDO Exklusiv, Sascha Aumüller, 5.5.2024)