Seit zwei Wochen ist fix, dass die Kaufhauskette von einem amerikanisch-deutschen Konsortium übernommen wird.
APA/dpa/Thomas Banneyer

Wien – Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will 16 seiner 92 Filialen schließen. Das erfuhr die dpa am Freitag aus Unternehmenskreisen. Seit zwei Wochen ist fix, dass die bisher zur insolventen österreichischen Signa-Gruppe von René Benko gehörende Kaufhauskette von einem amerikanisch-deutschen Konsortium übernommen wird.

Am Samstag gab Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus Details zu den betroffenen Standorten und zum Zeitplan bekannt. Geschlossen werden die 16 Filialen mit 31. August. Besonders stark von Schließungen betroffen sind mit jeweils drei Häusern Berlin (Ringcenter, Spandau, Tempelhof), Nordrhein-Westfalen (Essen, Köln Breite Straße, Wesel) und Bayern (Augsburg, Regensburg Neupfarrplatz, Würzburg). Außerdem sollen diese Warenhäuser dicht machen: Chemnitz, Leonberg, Mainz, Mannheim, Oldenburg, Potsdam, Trier Fleischstraße.

Von den rund 12.800 Menschen, die das Unternehmen beschäftigt, sollen 11.400 demnach ihren Job behalten. 1.400 werden gehen müssen. Nach Angaben von Galeria wurden mit dem Gesamtbetriebsrat am Freitag Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen. "Wir werden alles tun, um unser Geschäft in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Dazu sehen wir nicht zuletzt durch unsere Umsatzentwicklung im laufenden Geschäftsjahr gute Voraussetzungen", sagte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche. Der Sitz des Unternehmens soll von Essen in die Filiale Düsseldorf Shadowstraße umziehen. Zuletzt hatte Denkhaus bereits angekündigt, dass in der Konzernzentrale in Essen die Hälfte der 900 Arbeitsplätze abgebaut werden soll.

Umsatz, Kaufkraft und Miethöhe entscheidend

Bei der Entscheidung über die Zukunft der Filialen war für Insolvenzverwalter Denkhaus neben dem Umsatz und der Kaufkraft der jeweiligen Region vor allem die Höhe der Miete ausschlaggebend. "Wir haben für den Erhalt jeder einzelnen Filiale hart verhandelt", sagte Denkhaus. Einzelne Filialen auf der Schließungsliste können sich womöglich noch Hoffnung auf einen Fortbestand machen. Im vorherigen, im Mai 2023 aufgehobenen Insolvenzverfahren waren einige Warenhäuser wieder von der Liste heruntergeflogen. Weil es kurzfristig neue Vereinbarungen mit den Mietern gab, wurden am Ende nicht 52 der ehemals 129 Standorte geschlossen, sondern nur 37.

Der Deutsche Städtetag sieht den Erhalt von 76 Filialen als gute Nachricht für die Kommunen und die Mitarbeiter der Häuser. "Wir haben den Eindruck, dass mit diesem Neustart außerhalb der Signa-Gruppe jetzt wirklich eine Zeit nachhaltiger Konzepte für die Standorte beginnt", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der dpa. Trotzdem seien es "bittere Nachrichten" für die Standorte, die nicht gerettet werden könnten.

Experte Johannes Berentzen von der Handelsberatungsfirma BBE zeigte sich skeptisch. Mit der Schließung der 16 Häuser seien die großen Herausforderungen der verbleibenden Häuser und des Galeria-Geschäftsmodells nicht gelöst, sagte er der dpa. Es gehe um mehr Unternehmertum vor Ort, Investitionen in die Fläche, in Personal und in die Verknüpfung von Online- und Offlinewelt.

Dritte Insolvenz

Der Warenhauskonzern hatte Anfang Jänner einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Als Grund für die schwierige Lage nannte Galeria-Chef Olivier Van den Bossche damals unter anderem die Insolvenzen der Signa-Gruppe. Deren Schieflage hatte unmittelbare Auswirkungen: Im Zuge der letzten Insolvenz von Benko zugesagte Finanzmittel für die Sanierung der Warenhauskette waren nicht mehr geflossen.

Van den Bossche und Denkhaus gaben im Jänner die Suche nach einem neuen Eigentümer und den Erhalt von Galeria als Ziele aus. Das Unternehmen verhandelte daraufhin nach eigenen Angaben mit mehreren potenziellen Investoren. Seit Anfang April ist bekannt, dass ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und der Gesellschaft BB Kapital SA des deutschen Unternehmers Bernd Beetz die Kaufhauskette übernehmen will.

Denkhaus will bis Ende April den Insolvenzplan für den Eigentümerwechsel vorlegen. Die Gläubiger kommen am 28. Mai in der Messe Essen zusammen, um darüber abzustimmen. Rechtskräftig ist der Plan erst, wenn die Gläubigerversammlung ihn annimmt und dieser anschließend vom Gericht erneut bestätigt wird. Bis Ende Juli will Denkhaus das Unternehmen an die neuen Eigner übergeben.

Sanierungsplan für Signa Prime bestätigt

Das Vermögen der Signa Prime Selection, Filetstück im insolventen Immobilienimperium des Investors René Benko, wird innerhalb von zwei bis fünf Jahren verwertet. Der Treuhandsanierungsplan sei vom Handelsgericht Wien bestätigt worden, teilten die mit der Sanierungsverwaltung beauftragten Abel Rechtsanwälte am Freitagnachmittag mit. Damit seien alle Voraussetzungen für die Treuhandsanierung erfüllt.

Die Gläubiger hatten mit großer Mehrheit am 18. März dem Sanierungsplan zugestimmt. Der heutige Beschluss des Handelsgerichts sei "die Grundlage, um innerhalb der nächsten 2 bis 5 Jahre eine geordnete Verwertung der Assets der SIGNA Prime Selection AG sicherzustellen. In unserer Funktion als zukünftige Treuhänderin sind wir überzeugt, dass wir durch die Treuhandschaft das optimales Ergebnis für die Gläubiger realisieren werden."

In der Signa Prime sind die hochwertigsten Immobilien der Gruppe geparkt. Einige sind allerdings inzwischen auch schon verkauft. Die bisher angemeldeten Forderungen belaufen sich auf 12,8 Mrd. Euro, der Insolvenzverwalter hat davon rund 6 Mrd. Euro anerkannt. Die Gläubiger können auf eine Quote bis zu 30 Prozent hoffen. (APA, 26.4.2024)