Tiktok wird gegen ein mögliches Verbot klagen. Die Chancen stehen nicht schlecht, schon einmal hat ein US-Bundesgericht das Verbot der App gekippt.
AFP/NICOLAS ASFOURI

Tiktok wird nicht einfach so in den USA von den Smartphone-Bildschirmen verschwinden, zumindest nicht kampflos, das stellte das Unternehmen mit einem Blogposting klar. "Dieses verfassungswidrige Gesetz ist ein Tiktok-Verbot, und wir werden es vor Gericht anfechten. Wir glauben, dass die Fakten und das Gesetz eindeutig auf unserer Seite sind, und wir werden uns letztendlich durchsetzen", teilte das Unternehmen mit. Man habe Millionen von Dollar investiert, um die Daten der US-Amerikaner zu schützen, heißt es da weiter.

Gemeint ist "Project Texas", ein Datenzentrum auf US-Boden. Dort sollen die Daten der Userinnen und User aus den USA sicher vor dem Einfluss Dritter, vor allem dem Mutterkonzern Bytedance, sein. Eine Behauptung, an der zuletzt ebenfalls Zweifel aufkamen.

Tiktok warnt aber auch vor den wirtschaftlichen Folgen, die ein Verbot der App hätte. Sieben Millionen Unternehmen würde das Gesetz in den Ruin treiben, weil sie Tiktok als ihr Marketingtool nutzen, behauptet das Unternehmen.

Auch Tiktok-CEO Shou Zi Chew meldete sich zu Wort und rief die Ersteller von Inhalten auf Tiktok einmal mehr zum Protest auf. "Das ist ein Verbot, ein Verbot von Tiktok, ein Verbot eurer Stimme." Chew hatte schon mehrfach die Userinnen und User dazu aufgefordert, gegen das Gesetz zu protestierten, was ihm vom US-Kongress als Versuch der Einmischung in die US-Politik ausgelegt wurde.

Doch wie geht es weiter? Bei dem von US-Präsident Joe Biden unterzeichneten Gesetzesentwurf handelt es sich eigentlich um ein Auslandshilfepaket, das 60 Milliarden Dollar Militärhilfe für die Ukraine und etwa 26 Milliarden Dollar für Israel vorsieht. Mit dem Gesetzesentwurf verbunden war jedoch auch eine Regelung, die Bytedance, der chinesischen Muttergesellschaft von Tiktok, eine Frist von rund einem Jahr einräumt (270 Tage plus drei Monate extra), um sich von der App in den USA zu trennen. Da die Regierung in Peking bereits angekündigt hat, einem Verkauf nicht zuzustimmen, stehen die Zeichen aktuell noch auf Verbot.

Einschränkung der Meinungsfreiheit

Tiktok argumentiert, dass ein Bann vorliegt und dieser einen Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz der Meinungsfreiheit darstellt. Eine derartige Argumentation ist vor US-Gerichten durchaus erfolgversprechend. Der Fall Montana könnte dabei als Präzedenzfall dienen. Der Bundesstaat hatte ein Verbot von Tiktok beschlossen, das aber von einem US-Bundesgericht gestoppt wurde. Der Richter begründete seine Entscheidung im November des Vorjahres damit, dass viele Unternehmen Tiktok als Marketingplattform nutzen. Außerdem hätte Montana vermutlich seine Kompetenzen als Bundesstaat überschritten und zudem die Meinungsfreiheit eingeschränkt.

Mit einer ähnlichen Argumentation wurde übrigens auch der von Ex-Präsident Donald Trump verhängte Bann der chinesischen App Wechat gestoppt. Das Verbot stelle eine Einschränkung der Meinungsfreiheit dar, insbesondere von Chinesen in den USA, die ohne ausreichende Englischkenntnisse keine alternative Medienplattform zur Meinungsäußerung hätten, wie die FAZ berichtet.

Auch die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) warnte vor den Folgen der "Lex Tiktok". Die Regelung gebe dem Präsidenten außergewöhnlich große Entscheidungsspielräume, Social-Media-Plattformen aus anderen Ländern zu bannen. "Wir sind zutiefst enttäuscht, dass unsere Politiker wieder einmal versuchen, unsere Rechte aus dem ersten Verfassungszusatz gegen schnelle politische Punkte in einem Wahljahr einzutauschen", sagte Jenna Leventoff, Senior Policy Counsel der ACLU, in einer Aussendung.

Biden bleibt auf Tiktok

Sollte das Gesetz halten, hat Bytedance neun Monate Zeit, um zu entscheiden, ob es die App in den USA verkaufen wird. Die Frist kann auf ein Jahr verlängert werden, wenn der Präsident der Meinung ist, dass es Fortschritte bei einer Einigung gibt. Die 270-Tage-Frist für Bytedance endet übrigens am 19. Jänner 2025, dem letzten Tag der ersten Amtszeit von Joe Biden. Dessen Wahlkampfteam hat mittlerweile angekündigt, dass man Tiktok weiter nutzen werde. Aber mit besonderen Sicherheitsmaßnahmen. Wie diese genau aussehen, ist nicht bekannt. (pez, 25.4.2024)