Wien – Seit Anfang April ist es unter bestimmten Auflagen in Deutschland legal, Cannabis zu besitzen und zu konsumieren. Die Befürchtungen der ÖVP waren groß, dass nach der Legalisierung der Drogentourismus von Österreich nach Deutschland ausbrechen würde. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigte deshalb schon im Vorfeld an, Schwerpunktkontrollen durchführen zu lassen – Beamtinnen und Beamte sind dafür seit 1. April an der Grenze stationiert.

Doch eine erste Zwischenbilanz zeigt: Zu dem befürchteten großangelegten Schmuggel von Cannabis nach Österreich, vor dem die ÖVP warnte, kam es bisher nicht. In den ersten drei Wochen sei im Zuge der Schwerpunktkontrollen an der Grenze kein einziges Mal Cannabis sichergestellt worden, wird der Schärdinger Bezirkspolizeikommandant Matthias Osterkorn vom ORF zitiert. Eine Anfrage des STANDARD diesbezüglich blieb unbeantwortet.

Kontrollen am deutsch-österreichischen Grenzübergang Walserberg.
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Berauschte Autofahrer seien aber sehr wohl aufgehalten worden. Die Polizei spricht laut dem ORF-Bericht von drei deutschen Staatsbürgern, die unter Einfluss von Drogen ein Fahrzeug lenkten und denen der Führerschein entzogen wurde. Zudem beobachtet die Polizei, dass Pflanzen und Aufzuchtutensilien vermehrt in Österreich gekauft und anschließend nach Deutschland mitgenommen werden. Die Schwerpunktkontrollen sollen die nächsten Monate andauern.

Diskussion über Grenzwerte

Ein heikles Thema ist der sogenannte Grenzwert bei den Verkehrskontrollen – also ein bestimmter Wert an THC im Blut, ab dem man den Verlust des Führerscheins riskiert. In Deutschland liegt dieser Wert aktuell bei einem Nanogramm, die deutsche Regierung aus SPD, Grüne und FDP will ihn aber auf drei erhöhen. In Österreich gibt es entgegen dem internationalen Trend keinen Grenzwert am Steuer. Zuletzt sagte Innenminister Karner, dass sich das auch künftig nicht ändern soll.

Doch auch wenn der Konsum weiter zurückliegt und man längst wieder nüchtern ist, ist THC häufig sogar Tage oder bei häufigem Konsum noch Wochen später im Urin nachweisbar. Hintergrund dafür ist, dass der illegale Wirkstoff gut fettlöslich ist und daher länger im Körper bestehen bleibt. Das heißt: Auch, wer "nur" am Wochenende nach Deutschland fährt, um zu kiffen, und in eine der Verkehrskontrollen gerät, riskiert, den Führerschein zu verlieren.

Legalisierung hierzulande kein Thema

Das grüne Verkehrsministerium hatte 2022 die Einführung von Grenzwerten vorgeschlagen, erhielt aber eine Absage vonseiten der ÖVP. Die Volkspartei argumentiert, dass der Cannabiskonsum grundsätzlich illegal sei, daher könne das Fahren mit Cannabis auch nicht legalisiert werden. Eine Legalisierung wie in Deutschland dürfte hierzulande auch für längere Zeit kein Thema sein.

Die ÖVP lehnt eine Legalisierung vehement ab und sieht Deutschland als "Warnsignal". Auch die Freiheitlichen sind weiterhin für ein Verbot. Grüne und Neos äußerten immer wieder den Wunsch, Cannabis in Österreich zumindest zu entkriminalisieren. Die Position der SPÖ diesbezüglich war in letzter Zeit unklar: Vorsitzender Andreas Babler befürwortet zwar die Legalisierung, diese Position vertrete er aber persönlich, sie sei nicht die allgemeine Linie der Partei.

Kein legales Cannabis für Österreicher

Theoretisch gibt es auch nach der Legalisierung in Deutschland keine Möglichkeit für Österreicherinnen und Österreicher, dort Cannabis legal zu erwerben. Denn der Besitz gilt explizit für den Eigengebrauch. Der Erwerb über Cannabis-Vereine, in denen die Deutschen Marihuana nunmehr legal kaufen können, setzt voraus, dass man einen Wohnsitz in Deutschland hat. Jedoch dürfte weitaus mehr legal angebautes Gras im Umlauf sein, das anschließend illegal weiterverkauft wird. Deswegen ist derzeit nicht vorhersehbar, inwiefern dies den Schwarzmarkt fördern wird. (Muzayen Al-Youssef, Max Stepan, 22.4.2024)