Ansicht der Ausstellung zu Hermann Czech in der Galerie FJK 3 in Wien.
Ansicht der Ausstellung zu Hermann Czech in der Galerie fjk3 – Raum für zeitgenössische Kunst in Wien.
Lisa Rastl

Der Falter bezeichnete ihn einmal als heimlichen Stararchitekten, den keiner kennt. Für den deutschen Kurator und Kunstvermittler Kasper König ist er ein "Architects’ Architect", ein Architekt der Architekten. Und Fiona Liewehr, künstlerische Direktorin der Galerie fjk3 am Franz-Josefs-Kai 3, meint, dass sich Hermann Czech so sehr in die Wiener Stadtgeschichte eingeschrieben habe, dass es unmöglich sei, nicht irgendwann einmal an einem Czech vorbeizugehen, auf einem Czech Platz zu nehmen oder in einem Czech Apfelstrudel zu essen und Melange zu trinken.

"Und genau deshalb haben wir uns entschieden, eine Ausstellung über ihn zu machen", sagt Liewehr, während sie durch die 430 Quadratmeter große Schau im Parterre und Untergeschoß marschiert und immer wieder auf lustige Details verweist – auf die wunderlichen Knubbelgriffe beim Swiss-Re-Fauteuil, auf die glupschäugige Reichsbrückenleuchte, die einst im Mak-Café den Eingang erhellte und nun den Weg in die Galerie gefunden hat, auf die vielen ums Eck geklebten Projektfotos, dessen ungewöhnliche Affichierung nicht dem Platzmangel geschuldet ist, sondern einzig und allein dem von Czech intendierten Raumerlebnis an Ort und Stelle.

Einfach nur im Kopf

"Nichts hier in dieser Ausstellung ist zufällig entstanden", sagt Liewehr, die die Ausstellung unter dem entzückenden Titel Ungefähre Hauptrichtung gemeinsam mit ihren Kolleginnen Eva Kuß, Gabriele Kaiser und Claudia Cavallar kuratiert hat. Die Anordnung der gezeigten Projekte entspricht in ihrer Relation zueinander der Anordnung der Bauten in der Stadt, sämtliche Modelle sind in Anlehnung ans Original exakt nach Norden ausgerichtet, auf einem schön gestalteten Faltstadtplan kann man die rund 100 ausgestellten Interventionen – ob realisiert, mittlerweile zerstört oder einfach nur im Kopf konzipiert – in der Stadt verorten und wie bei einer Schnitzeljagd abmarschieren.

So kann man sich beim nächsten Spaziergang durch die Innenstadt vor dem geistigen Auge ausmalen, wie Czech in den Jahren 1965 bis 1971 den Graben – damals noch von Autos befahren – mit einer mobilen Konstruktion aus Zugseilen überdachen wollte, um den öffentlichen Stadtraum in seinen riesigen Dimensionen erfahrbar zu machen. "Überdachung kann nicht an obere Platzwände anschließen (oder doch?), Heizung entlang des unteren Seils, Entwässerungsrinne ebenfalls aus Membran? Könnte mitfahren!" Seine Skizzen und händischen Notizen, die zum überwiegenden Teil erstmals öffentlich ausgestellt sind, visualisieren die Schnittmenge aus Genie und Wahnsinn.

Das mach ziemlich Spaß

"Hermann Czech ist der letzte noch lebende Architekt, der einen Begriff von Moderne, den es heute gar nicht mehr gibt, in die Gegenwart hinübergerettet hat", sagt Fiona Liewehr. Die Ausstellung gibt Einblick in seine Entwurfsmethoden ("wie etwas entsteht") sowie in seine räumlichen Wirkungen ("wie etwas ausschaut"), und ja, das macht ziemlich Spaß. (Wojciech Czaja, 22.4.2024)