Monatelang wurde teils verzweifelt gerungen, am Samstagabend könnte es so weit sein. Das US-Repräsentantenhaus soll, wenn der Zeitplan hält, dann über die seit Winter dringend geforderten US-Hilfen für die Ukraine und für weitere Verbündete der USA abstimmen. Eine erste, als mitentscheidend geltende Hürde nahm das Gesetz am Freitag. Spannend bleibt es dennoch.

Konkret geht es um rund 60 Milliarden US-Dollar für Kiew, um 26 Milliarden für Israel und um acht Milliarden für Verbündete in der Pazifikregion, darunter vor allem Taiwan. Dass die Abstimmung sich so lange verzögert hatte, war vor allem am Widerstand einiger extremistischer Republikaner gelegen – und hatte in der Ukraine sowohl für militärische Probleme als auch für Hadern mit der westlichen Unterstützung gesorgt. In Europa hat es Befürchtungen rund um die Verlässlichkeit der USA unter einem möglichen Präsidenten Donald Trump gegeben.

Mike Johnson, Sprecher des US-Repräsentantenhauses, muss auf Zustimmung für die von ihm geplanten Ukraine-Hilfen hoffen.
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Ob die Gesetzesvorschläge, so wie vom Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson geplant, ausreichende Zustimmung finden werden, ist noch offen. Mehrere der erzkonservativen Republikaner, die sie bisher abgelehnt hatten, wollen weiter nicht zustimmen und drohen Johnson mit einem Absetzungsvotum. Allerdings scheint möglich, dass mehrere gemäßigte Demokraten trotzdem für die nötigen Mehrheiten sorgen.

Einen Vorgeschmack gab es bereits am Freitagabend. Da stand im Repräsentantenhaus eine als vorentscheidend geltende Abstimmung über die Geschäftsordnung an. Diese muss geändert werden, damit die eigentliche Abstimmung stattfinden kann. Normalerweise ist das ein Routinevorgang, bei dem immer alle Abgeordneten aus der Partei des Speakers zustimmen und alle Oppositionelle mit Nein votieren. Diesmal aber sahen die radikalen Ukraine-Hilfen-Gegner in der Republikanischen Partei das Votum als ihre Chance, die Abstimmung und damit die Geldvergabe zu verhindern. Letztlich war die Zustimmung der Demokraten nötig, um die Abstimmung zu ermöglichen. Diese warteten am Freitag mit ihrer Stimmabgabe, bis klar war, dass die Republikaner allein keine Mehrheit zustande bringen würden. Dann stimmten sie mit Ja. Damit retteten sie vorübergehend auch Speaker Johnson politisch den Kopf.

Kompliziert geholfen

Dieser hatte sich zuvor ein ziemlich kompliziertes Verfahren einfallen lassen, um die Hilfen doch noch durch die Kammer zu bringen. Die geplanten Gelder für die Ukraine, Israel und die Pazifik-Verbündeten entsprechen ziemlich genau dem, was der Senat bei einer Abstimmung vor mehreren Monaten bereits mit den Stimmen von Abgeordneten aus beiden Parteien beschlossen hatte. Weil das Paket als Gesamtheit im Repräsentantenhaus, das der Gesetzgebung ebenfalls zustimmen muss, aber keine ausreichende Mehrheit gefunden hätte, hat Johnson es nun auf mehrere Abstimmungen aufgeschnürt: Abgeordnete, die zwar für die Israel-Hilfen, aber gegen die Gelder für die Ukraine sind (also mehrere weit rechte Republikaner), können nun dem einen Paket zustimmen, das andere aber ablehnen. Umgekehrt können liberalere Demokraten den Israel-Hilfen wegen Sorgen um die Bevölkerung in Gaza die Zustimmung versagen, der Ukraine aber helfen.

Am Ende wird das Paket dann wieder zu einem Gesetz zusammengeschnürt und in seiner Gesamtheit dem Senat vorgelegt. Dieser muss dann nochmals seine Zustimmung geben. Weil sich das Gesetz in einigen Punkten von dem unterscheidet, das schon einmal verabschiedet wurde, gilt das nicht als ganz sicher. Weil die Änderungen (so werden etwa Teile als Kredite statt als Hilfen vergeben) im Ergebnis kaum ins Gewicht fallen, ist dennoch eher mit einer Zustimmung zu rechnen. Auch ein neu eingeflochtenes Tiktok-Verbot wird das vermutlich nicht verhindern. Schließlich geht das Gesetz, wenn alles gutgeht, an Präsident Joe Biden. Dieser hat schon angekündigt, es unterschreiben zu wollen.

Die radikale Abgeordnete Marjorie Taylor Greene will lieber den Parlamentssprecher von der eigenen Partei feuern, als Ukraine-Hilfen zuzustimmen.
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Offen ist noch immer, was Donald Trump von der Abstimmung hält. Er hat sich in der Nacht auf Freitag über sein Netzwerk Truth Social etwas sphinxhaft geäußert: "Wir sind uns alle einig, dass das Überleben und die Stärke der Ukraine für Europa viel wichtiger sein sollten als für uns, aber es ist auch für uns wichtig! Komm in die Gänge, Europa!", schrieb er. Das kann auf mehrere Arten interpretiert werden. Einerseits als Zustimmung zum Paket, weil Trump ja betont, dass das Überleben der Ukraine – "einem Land in verzweifelter Not", wie er hinzufügte – auch für die USA als wichtig geschildert wird. Andererseits wegen der Aufforderungen an die Europäer als Kritik an der Geldvergabe durch die USA. So interpretierten es jedenfalls einige radikale Anhänger.

Klar war Trump zuletzt nur bei einem anderen Punkt: Eine Absetzung Johnsons durch seine treuen Fans im Repräsentantenhaus befürwortet er nicht. "Mike" mache seinen Job gut, ließ er wissen. Statt dessen Absetzung solle man sich anderen Problemen widmen. Ob das reicht, ist offen. (Manuel Escher, 19.4.2024)