Wahlplakate Innsbruck
Zuletzt wurde in Österreich in Innsbruck gewählt. Im Herbst steht die Nationalratswahl bevor.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Graz – Vor Wahlen wird von politischer Seite viel versprochen – durchschnittlich mehr als 150 Wahlversprechen pro Partei und Wahlprogramm wurden für Österreich erhoben. Wie hoch die Chancen sind, dass die Versprechungen wirklich umgesetzt werden, untersucht Katrin Praprotnik von der Universität Graz. Am Mittwoch hat die Politologin gemeinsam mit Robert Thomson (Monash University / Australien) Einblicke in die Mechanismen zur Umsetzung von Wahlversprechen gegeben.

Vor der Wahl machen Politikerinnen und Politiker die besten Versprechungen, um Wähler zu überzeugen. Durchschnittlich seien es mehr als 150 Wahlversprechen pro Partei und Wahlprogramm, wie Praprotnik für den Zeitraum 1990 bis 2013 erhoben hat. Das sind mehr als im internationalen Vergleich, wie die Zahlen von Thomson zeigen: Vergleichbare Analysen in rund einem Dutzend weiterer Länder und Regierungen zwischen 1974 und 2016 kamen auf durchschnittlich 111 Wahlversprechen pro Partei und Wahlprogramm.

Reformversprechen weniger oft umgesetzt

Praprotnik sieht allerdings auch keine Hinweise darauf, dass die Versprechungen noch mehr werden: "Es gibt kein Anzeichen, dass die Anzahl an Wahlversprechen in der jüngeren Zeit zugenommen hat", wie die Politikwissenschafterin festhielt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass insgesamt etwas mehr als die Hälfte der Wahlversprechen, die die späteren Regierungsparteien in den Wahlprogrammen gemacht haben, tatsächlich umgesetzt wurde. "Wir können also sagen, Wahlversprechen sind mehr als 'heiße Luft', auch wenn die öffentliche Wahrnehmung anders ist. Die Wissenschaft spricht hier von einem Wahlparadoxon", sagte Praprotnik.

"Wenn die Versprechen gebrochen werden, finden sich oftmals sehr nachvollziehbare Mechanismen, warum das so ist", so die Politologin, die sich bereits in ihrer Dissertation mit der Umsetzung von Wahlversprechen österreichischer Parteien beschäftigt hat. Wahlversprechen von Regierungsparteien, die die Beibehaltung des Status quo zum Ziel haben, werden laut Praprotnik eher umgesetzt als jene, die eine Reform versprechen. Auch solche, die in ein Koalitionsabkommen aufgenommen wurden, werden eher verwirklicht. Ebenso jene, bei denen die jeweilige Regierungspartei die alleinige Verantwortung für das Ministerium zugesprochen bekommen hat, und jene, deren Umsetzung in die alleinige Zuständigkeit der Regierungsmehrheit fällt, wie Prapotnik analysiert hat. Wirtschaftswachstum und vollständige Legislaturperioden lassen darüber hinaus die Umsetzung wahrscheinlicher werden.

Praprotnik und Thomson sind Kooperationspartner im internationalen Comparative Pledges Project (CCP). In diesem internationalen Netzwerk analysieren Forschende in 16 Ländern weltweit die Umsetzung von Wahlversprechen aus Wahlprogrammen von Parteien, um zu einem besseren Verständnis der Mechanismen in repräsentativen Demokratien – vom politischen Programm bis zum Gesetz – zu kommen. Am kommenden Freitag findet sich die Gruppe in Graz zu einer Tagung zusammen. (APA, 17.4.2024)