Wer regiert künftig Innsbruck? Nach den Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen vergangenen Sonntag kam es zu einer Neuordnung der Machtverhältnisse im Innsbrucker Gemeinderat, über mögliche Koalitionsvarianten wird heftig spekuliert. Seit Mittwoch ist klar, dass es in Tirols Landeshauptstadt kein Bündnis "rechts der Mitte" geben wird. Andrea Haselwanter-Schneider (Fritz) will nicht mit FPÖ, JA und ÖVP-Mann Florian Turskys Liste koalieren. Damit bleibt, realistisch betrachtet, nur eine mögliche Koalitionsvariante übrig.

Von den 13 angetretenen Listen und Parteien haben es acht in den Innsbrucker Gemeinderat geschafft. Fünf, darunter auch die Neos, sind an der Vierprozenthürde gescheitert.
Stadt Innsbruck

Keine "Koalition der Verlierer"

Um im Gemeinderat mit einer Mehrheit regieren zu können, sind 21 der 40 Sitze notwendig. Rein rechnerisch geht sich daher keine Zweierkoalition in jeglicher Konstellation aus. Mit insgesamt 21 Mandaten wäre ein Bündnis aus JA (8), FPÖ (7), dem Neuen Innsbruck von Florian Tursky (4) und der Liste Fritz (2) denkbar gewesen. Liste-Fritz-Frontfrau Andrea Haselwanter-Schneider spricht in einer Aussendung allerdings davon, dass diese Koalitionsvariante "in keiner Weise" das Wahlergebnis widerspiegle. Die Wähler hätten einen ganz eindeutigen Auftrag erteilt, und sie würden keine "Koalition der Verlierer" wollen. Damit ist diese Koalitionsvariante vom Tisch.

Tatsächlich gehört Florian Tursky mit seiner Liste Das Neue Innsbruck, einem Bündnis aus ÖVP, der ÖVP-Abspaltung Für Innsbruck und dem Seniorenbund zu den großen Wahlverlierern vom Sonntag. Insgesamt 700.000 Euro hat Tursky laut APA in den Wahlkampf gesteckt, es war das größte Wahlkampfbudget der 13 Parteien und Listen. Kaum eine Straße oder Haltestelle in Innsbruck, wo der Ex-Digitalisierungsstaatssekretär nicht von Plakaten mit der Aufschrift "Der Richtige" gelacht hat.

Auch die FPÖ unter Markus Lassenberger, medial und in Umfragen als möglicher Kandidat für die Bürgermeisterstichwahl gehandelt, blieb hinter den Erwartungen zurück – die Bilanz für die Freiheitlichen: ein Mandat weniger im Gemeinderat und kein Bürgermeistersessel in Aussicht.

Mitte-links-Koalition wahrscheinlich

Welche realistische Koalitionsvariante bleibt jetzt noch übrig? Rein rechnerisch hätte etwa eine Koalition aus SPÖ (6), FPÖ (7) und JA (8) eine knappe Mehrheit im Gemeinderat. Da die SPÖ Innsbruck aber eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ablehnt, wird diese nicht zustande kommen. Mit 22 von 40 Mandaten ist also ein Bündnis aus Grünen (8), JA (8) und SPÖ (6) die wahrscheinlichste Variante. Theoretisch ist eine Beteiligung kleinerer Parteien ebenfalls denkbar, aufgrund der komplexeren Zusammenarbeit aber eher unwahrscheinlich. Die Liste Fritz etwa sieht sich selbst nun zur "kantigen Oppositionsarbeit" berufen. Auch die KPÖ will sich "nicht in eine Regierung drängen".

Bürgermeister Willi lud am Mittwoch bereits zu Sondierungsgesprächen, die Freiheitliche Partei (FPÖ) war nicht eingeladen – sie fühlt sich ausgeschlossen. Willi habe "absolut nichts gelernt", sagt Markus Lassenberger (FPÖ) zur APA. Johannes Anzengruber, der Ex-Vizestadtchef auf einem ÖVP-Ticket, der mit seiner Liste JA – Jetzt Innsbruck mit acht Mandaten in den Gemeinderat einzieht, schweigt indes zu möglichen Koalitionsvarianten. Man wolle die Bürgermeisterstichwahl abwarten und sich in der Zeit bis dahin auf den Stadtteilwahlkampf konzentrieren.

Spannendes Rennen um Bürgermeistersessel

Denn bis zur Bürgermeisterstichwahl am 28. April geht der Wahlkampf zwischen Amtsinhaber Georg Willi und Johannes Anzengruber weiter, dominiert von den Themen Wohnen, Verkehr und Sozialpolitik. Für Willi könnte es eng werden, ist man sich auch bei den Innsbrucker Grünen bewusst. Am Wahltag zeigte man sich dennoch optimistisch, Anzengruber habe schließlich keine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen. Das sei etwa ein Alleinstellungsmerkmal Willis im Duell um den Bürgermeistersessel, argumentieren die Grünen noch am Wahlwochenende. Die Viererkoalition FPÖ-JA-Tursky-Fritz hat am Mittwoch allerdings, noch bevor Anzengruber etwas dazu sagte, ohnehin eine Absage von Liste-Fritz-Frontfrau Haselwanter-Schneider bekommen.

Mit Wahlempfehlungen zeigen sich die anderen Innsbrucker Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zurückhaltend. Nur Florian Tursky hat eine Empfehlung für Johannes Anzengruber ausgesprochen. Anzengruber wollte dazu vorerst nichts sagen. (Antonia Wagner, 17.4.2024)