Schwimmbecken Bahnen Schwimmer
Viel Verkehr im Schwimmbecken. In den meisten Wiener Bädern ist meistens ordentlich etwas los. Doch die Stadionbad-Halle und das Trainingsbecken in der Stadthalle stehen an vielen Tagen stundenlang leer. "Wofür haben wir Sportanlagen", fragen sich die Kundigen, "wenn wir Leute aussperren, die Sport betreiben wollen?"
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Wien – Welchen Zulauf hat die mobile Halle im Wiener Stadionbad? Welchen Sportlerinnen und Sportlern steht sie zur Verfügung? Ausschließlich Leistungssportlern? Wieso ist das Stadionbad zu Zeiten, in denen dort nicht trainiert wird, nicht öffentlich zugänglich? Wieso lässt man nicht auch Schulklassen im Stadionbad schwimmen? Wieso steht das Stadionbad im Winter auch dem Spitzensport nur von Anfang Oktober bis Ende März zur Verfügung?

Stimmt es, dass auch das Trainingsbecken in der Wiener Stadthalle ausschließlich Vereinen und somit dem Spitzensport zu bestimmten Zeiten zur Verfügung und ansonsten leer steht? Wieso haben Masters-Schwimmerinnen und -Schwimmer ab 30, die bei Großevents regelmäßig Medaillen erringen, keinen Zugang zur Stadionbad-Halle und zum Stadthallen-Trainingsbecken? Gibt es Belegungspläne, die ersichtlich machen, wann wie viele Bahnen belegt sind? Was spricht dagegen, Bahnen nach Geschwindigkeiten einzuteilen, um Überholmanöver, Zusammenstöße, Streiterei und Chaos zu verhindern?

Und, und, und. Der Katalog ließe sich noch eine Zeitlang fortsetzen. Denn die Fragen rund um den Schwimmsport in Wien sind nicht weniger geworden, seit im Stadionbad auch im Winter geschwommen werden kann, zunächst dank Traglufthalle und nun dank einer mobilen Halle, die über das ältere der beiden Sportbecken geschoben wird. In der näheren Prater-Umgebung schossen und schießen neue Wohnbauten nur so aus dem Boden, damit geht die Errichtung von Schulen einher, die wie sonstiges Publikum das Stadionbad garantiert auch im Winter gern nutzen würden. Doch das spielt es nicht, also müssen Schulklassen oft weite Wege auf sich nehmen, um ein anderes Bad zu erreichen.

Ähnliches gilt für Schulen in der Umgebung des Stadthallenbads, dessen zweiter 50 Meter langer Pool als Trainingsbecken rein dem Leistungssport zur Verfügung steht. Leistungssport, das meint paradoxerweise wiederum vor allem schulpflichtige Talente, die vor allem frühmorgens und spätnachmittags trainieren. Dazwischen steht das Becken oft stundenlang leer.

Das WSB-Team antwortet

DER STANDARD hat all die Fragen und noch einige mehr der Wiener Sportstätten Betriebsgesellschaft (WSB) gestellt. Sie ist als Wien-Holding-Tochter für die "Betriebsführung und Instandhaltung" des Ernst-Happel-Stadions, des Stadthallenbads und des Stadionbads verantwortlich. Ihre Hauptaufgabe sei es, schildert sie auf ihrer Homepage aus, jene drei "Einrichtungen, die sowohl dem Breitensport als auch dem Spitzensport zugutekommen, gezielt zu führen und sicher zu erhalten". So weit, so klar. Doch wer sich mit Fragen an die WSB wendet und wissen will, mit wem er es zu tun hat, der fischt im Trüben. Da antwortet nämlich keine Person, sondern immer nur "Ihr WSB-Team". Das passt zur Homepage. Keine Mitarbeiter, keine Leitung, die da genannt wäre, Namen nicht einmal im Impressum. Allein auf der Homepage der Wien Holding wird "MMag.ª DDr.in Sandra Hofmann" als WSB-Geschäftsführerin ausgeschildert.

Ob es Hofmann persönlich war, die sich bemüht hat, die Fragen zu beantworten? DER STANDARD, der gerne weiß, mit wem er es zu tun hat, fragte nach, mit dem Hinweis, es sei "doch eher ungewöhnlich, dass Nachrichten nicht namentlich gekennzeichnet sind". Doch es hat nichts geholfen, das "WSB-Team" will als "WSB-Team" daherkommen, schließlich sei die Beantwortung der Fragen auch "vom Team der Wiener Sportstätten in gemeinsamer Zusammenarbeit aller involvierten Mitarbeiter*innen" erfolgt. Womit wir also bei den Antworten wären.

Völliger Stillstand im April

Bei der mobilen Halle im Stadionbad wie auch beim Trainingsbecken in der Stadthalle handle es sich laut WSB-Team um "ein Leistungszentrum". Und: "Die Koordination der Nutzung obliegt dem Wiener Landesschwimmverband", dem die Halle von Montag bis Samstag von sechs bis 21 Uhr zur Verfügung stehe. "Am Sonntag müssen die gemäß Bäderhygienegesetz erforderlichen Maßnahmen gesetzt werden."

Ähnliches gilt für die zweite Septemberhälfte und den April, diese insgesamt gut sechs Wochen werden laut WSB-Team nämlich "für die Revisionsmaßnahmen nach dem Bäderhygienegesetz unbedingt benötigt". Zudem: "Sowohl die baurechtliche als auch die gewerberechtliche Genehmigung sehen eine Nutzung vom 1. 10. bis 31. 3. des Folgejahres vor." Ein nahtloser Wechsel sei "nach Bäderhygienegesetz nicht möglich". Wollte man etwa Schulklassen ins Stadionbad lassen, müssten laut WSB-Team "die Zeiten für den Leistungssport gekürzt werden". Zudem sei "derzeit nur der reine Verbandsbetrieb gewerberechtlich genehmigt".

Kein Wille, kein Weg?

DER STANDARD hat nicht nur das WSB-Team, sondern auch viele Kundige im Schwimmsport kontaktiert. Mit dem WSB-Team haben alle eines gemein: Niemand will namentlich vorkommen. Begründet wird das stets mit der Befürchtung, dass sich die jeweilige Trainingssituation oder auch das Auskommen mit der WSB "dann noch mehr verschlechtern würde".

Stets ist zu hören, in Wien würde "einfach nur der Wille fehlen". Denn: "Wenn man wirklich wollte, könnte man das Stadionbad zu bestimmten Zeiten natürlich auch für Schulen oder für Mastersschwimmer oder sogar generell öffnen. Es steht an vielen Tagen stundenlang leer." In Wien, nimmt man noch die öffentlichen Hallenbäder mit den 25-m-Becken dazu, gebe es "in der Theorie viel Wasserfläche. Aber in der Praxis bleibt sehr viel ungenutzt. Wofür haben wir Sportanlagen, wenn wir Leute aussperren, die Sport betreiben wollen?"

Andere Bäder, andere Sitten

Dass das Stadionbad im April gänzlich gesperrt ist, verstehen die Kundigen nicht. Sie verweisen auf mobile Hallen im Ausland, die sogar an Schlechtwettertagen im Sommer ruckzuck über ein Becken geschoben werden. Andere mögliche Vorbilder liegen noch viel näher, etwa in Maria Enzersdorf die Südstadt, die sogar ein Bundesleistungszentrum ist. Auch hier gibt es ein 50-m-Becken, auch dieses Becken dient in der Früh und am späten Nachmittag dem Leistungssport. Doch dazwischen kommen regelmäßig Schulklassen zum Schwimmen, darüber hinaus kann jeder und jede ins Becken springen, wenn denn eine Bahn frei ist. Kostenpunkt acht Euro bis 16 Uhr, zehn Euro ab 16 Uhr, das aber vor allem am Samstag. Und stets gibt es freundliche telefonische Auskunft über die Bahnenbelegung.

In Wien tummeln sich im April die Massen in der Stadthalle, nicht nur unten im Trainingsbecken, sondern auch oben im öffentlich zugänglichen Bad. Eine Bahneneinteilung nach Geschwindigkeiten würde hier wie in jedem anderen Bad, sagen die Kundigen, wirklich Sinn ergeben. Aber anders als in vielen anderen Bädern in vielen anderen Städten in vielen anderen Ländern gibt es in Wien eine solche Einteilung nicht. Da kommt der gemächliche 70-jährige Rückenschwimmer der flotten 28-jährigen Kraulerin in die Quere, und in der Bahn daneben bringt ein hochmotivierter Delfin alles durcheinander.

Das WSB-Team spricht (schreibt) in dem Fall nur für das Stadthallenbad. Es sei "als Sportbad konzipiert und steht allen Schwimmbegeisterten gleichermaßen zur Verfügung. Grundsätzlich dienen die Bahnen im Schwimmbecken nicht der Kategorisierung unserer Badegäste." (Fritz Neumann, 25.4.2024)