Noch vor zwei Jahren war die Nachfrage nach Wiener Zinshäusern so groß, dass manche Häuser innerhalb eines einzigen Tages verkauft wurden. Und mitunter wenig später, mit ordentlichem Gewinn, noch einmal weiterverkauft. Die Corona-Pandemie hatte die Preise zusätzlich angeheizt, während die Zinsen niedrig waren und fast unendlich viel Geld zur Veranlagung in Betongold vorhanden war. Doch diese Zeiten sind vorbei.

Die alten Wiener Häuser waren in den letzten Jahren eine begehrte Geldanlage.
Putschögl

Seit dem zweiten Halbjahr 2022 sind mit steigenden Zinsen Nachfrage und Preise bei den alten Wiener Mietshäusern eingebrochen. "Das Karussell der Zinshäuser dreht sich mit halber Kraft und halber Geschwindigkeit", sagte Eugen Otto, Geschäftsführer von Otto Immobilien, bei der Präsentation seines jüngsten Zinshaus-Marktberichts am Mittwoch. Nur 269 Zinshäuser wurden im "herausfordernden" Jahr 2023 in Wien demnach verkauft, 2022 waren es noch fast 500. Damit brach auch das Transaktionsvolumen ein, nämlich um 57 Prozent auf 832 Millionen Euro.

Seit Ende 2022 sind die Preise um 27 Prozent gefallen, womit sie nun wieder ungefähr dort sind, wo sie vor der Corona-Pandemie waren. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für ein Zinshaus liegt aktuell bei 3.270 Euro, die Renditen liegen im 10., 11. und 12. Bezirk teilweise wieder bei mehr als 4,5 Prozent und in ganz Wien – exklusive der Inneren Stadt – bei über drei Prozent.

Immer weniger Zinshäuser

Eine Besonderheit der Wiener Zinshäuser: Es gibt immer weniger davon. Auf 13.533 Gebäude trifft die strenge Definition von Otto Immobilien noch zu, es sind um 40 weniger als 2022. Um zur Otto-Statistik gezählt zu werden, müssen die Häuser aus der Gründerzeit stammen und als Mietshaus genutzt werden. Die meisten Häuser kommen dem Markt daher nicht durch Abbrüche abhanden, sondern weil sie parifiziert werden; die Wohnungen werden dann als Eigentumswohnungen abverkauft – übrigens im Vorjahr laut Otto Immobilien vermehrt, um sich durch den Verkauf leerstehender Einheiten Liquidität zu verschaffen.

Auffallend ist für das Jahr 2023 auch die hohe Anzahl an sogenannten Share Deals. Das sind Verkäufe von Gesellschaften, denen eine Immobilie gehört. Laut dem Steuerberater Florian Schmiedl, der am Marktbericht mitgearbeitet hat, könnte das an mehr konzerninternen Umstrukturierungen und familieninternen Schenkungen liegen. In der aktuellen Situation könnte sich das auszahlen, weil bei diesen Übertragungen zur Berechnung der Ertrags- und Grunderwerbsteuer marktübliche Preise herangezogen werden und die nun eben deutlich niedriger sind.

Kaufwillige haben die Wahl

Wer sich nun auf die Suche nach einem Zinshaus macht, befindet sich jedenfalls in einer bequemen Situation, weil das Angebot größer ist als die Nachfrage. Kaufwillige würden sich daher derzeit von Verkäufern zeigen lassen, was sie im Angebot haben – auch das ist eine völlige Umkehr der Situation von vor zwei Jahren, als Kaufwillige in Bieterprozessen um die Häuser ritterten. "Der Laufsteg ist voll mit sehr bemühten Verkäufern", sagt Otto. Notverkäufe gebe es am Markt derzeit zwar keine – es gebe aber durchaus Investoren mit "zehn, 15, 20 oder 25" Zinshäusern, bei denen es Druck gebe zu verkaufen.

In der Branche hofft man nun auf eine Stabilisierung des Marktes, weil ab der zweiten Jahreshälfte die Zinsen sinken könnten. Die Hoffnung darauf mache sich mittlerweile auch wieder in der Nachfrage und der Anzahl der Verkäufe bemerkbar. "Ein Risiko sind aber weitere externe Schocks", sagt Zinshaus-Experte Philipp Maisel. Sollten weitere Schocks – dazu zählten in den letzten Jahren Kriege und eine Pandemie – nun aber ausbleiben, werde der Zinshausmarkt wohl in eine "langweilige Phase im besten Sinn" mit einem stabilen Wachstum übergehen. (Franziska Zoidl, 4.4.2024)