Das Abbilden des Magnetfelds war zuvor bereits beim supermassiven Schwarzen Loch M87* gelungen. Die Ähnlichkeit der Bilder deutet darauf hin, dass hier vergleichbare physikalische Prozesse wirken.
EHT Collaboration

Das erste Bild des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße war 2022 eine Sensation. Der unscharfe dunkle Fleck in der Mitte machte begreiflich, dass dort tatsächlich ein Objekt sitzt, das alles Licht verschluckt. Um das vergleichsweise winzige Objekt abzubilden, war eine globale Kooperation unzähliger Teleskope nötig, die gemeinsam einen Teleskopspiegel von der Größe der Erde simulierten.

Doch obwohl Sagittarius A*, wie das Schwarze Loch genannt wird, das bei weitem nächstgelegene supermassive Schwarze Loch ist, war es nicht das erste, von dem die Event-Horizon-Telescope-Kollaboration ein Bild aufnehmen konnte. Das Schwarze Loch M87* sitzt in einer anderen Galaxie und ist deutlich weiter entfernt, dafür aber mehr als tausendmal größer, weshalb es ein günstigerer Kandidat für den ersten Versuch eines Bildes von einem Schwarzen Loch war.

Auch Folgeuntersuchungen konzentrierten sich daher erst einmal auf M87*. Schon 2021 gelang es, genauere Informationen über die Vorgänge um das Schwarze Loch zu gewinnen. Das Ergebnis war ein Bild eines verdrehten Magnetfelds in der Umgebung von M87*.

Nun gibt es ein solches Bild auch von Sagittarius A*, und sie sehen einander verblüffend ähnlich. Das ist aufgrund des gewaltigen Größenunterschieds eher überraschend, wie das Team des Event Horizon Telescope in zwei neuen Studien im Fachjournal "The Astrophysical Journal Letters" berichtet.

So sehen die Magnetfelder aus, die das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße umgeben.
EHT Collaboration

Ähnliche Mechanismen

"Was wir jetzt sehen, ist, dass es starke, verdrehte und organisierte Magnetfelder in der Nähe des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraßengalaxie gibt", sagt Sara Issaoun vom Harvard Center for Astrophysics, eine der Projektleiterinnen. Das ist laut ihrem Kollegen Christian Fromm von der Universität Würzburg, der in die numerischen Simulationen involviert war, aufgrund der Ähnlichkeit zur Situation bei M87* bemerkenswert: Es werfe die Möglichkeit auf, "dass trotz der Unterschiede in Masse, Größe und Umgebung die physikalischen Mechanismen, die die Fütterung und den Jetauswurf eines Schwarzen Lochs steuern, allen supermassereichen Schwarzen Löchern gemeinsam sind".

Diese Jets sind der Ursprung vieler am Himmel beobachteter hochenergetischer Ereignisse. Erst seit einiger Zeit ist bekannt, dass sie von supermassiven Schwarzen Löchern stammen können. Wie sie zustande kommen, ist Gegenstand von Forschungen.

Clustering and averaging the images of Sagittarius A* and M87*
Die Bilder der beiden Schwarzen Löcher stellen eigentlich Mittelwerte dar. Vor allem die Dynamik um Sagittarius A* ist sehr komplex.
European Southern Observatory (ESO)

Sonnenbrillen-Methode

Um auf das Magnetfeld zu schließen, war es nötig, die Polarisation des eintreffenden Lichts zu bestimmen. Der Effekt ist von Polarisationsfiltern in Sonnenbrillen bekannt. Licht ist eine Transversalwelle, das heißt, die elektromagnetischen Felder schwingen im rechten Winkel zur Ausbreitungsrichtung.

Diese nicht auf Anhieb anschauliche Tatsache schlägt sich darin nieder, dass sich Licht gemäß seiner Schwingungsrichtung filtern lässt. Diesen Effekt nutzen Sonnenbrillen: Spiegelnde Flächen geben eher Licht ab, das in waagrechter Richtung schwingt. Filtert also eine Sonnenbrille waagrecht polarisiertes Licht heraus, verdunkelt sie besonders unangenehme Reflexionen.

Da kosmische Magnetfelder wie jene um die Schwarzen Löcher die Schwingungsrichtung des Lichts beeinflussen, lässt sich dieser Effekt in der Astronomie ebenfalls nutzen, wenn auch mit deutlich größerem Aufwand, wie Maciek Wielgus vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn betont: "Schwarze Löcher in polarisiertem Licht zu visualisieren ist nicht so einfach, wie eine polarisierte Sonnenbrille aufzusetzen. Dies gilt insbesondere für Sagittarius A*, das sich in rasantem Tempo dynamisch verändert, sodass es für die Bildgebung nicht ruhig bleibt. Es war eine große Herausforderung, durch diese Schwankungen des Signals zu navigieren, aber am Ende haben wir uns durchgesetzt." Die Natur habe sich hier gnädig gezeigt, sagt Wieglus.

Technisch war die neue Untersuchung also deutlich aufwendiger als die bisherigen Abbildungen von Sagittarius A*. Eingeflossen sind Beobachtungen des Global mm-VLBI Array, eines Verbunds von Radioteleskopen in aller Welt.

Die Magnetfelder um das Schwarze Loch finden ihre Fortsetzung auf größeren Skalen. Im Zentrum unserer Galaxie dreht sich buchstäblich alles um das riesige Schwarze Loch.
Links: EHT Collaboration; Bildmitte: NASA/SOFIA, NASA/HST/NICMOS; Hinten rechts: ESA/Planck Collaboration.

Weitere Beobachtung im April

Bereits im April will die Event-Horizon-Kollaboration Sagittarius A* erneut unter die Lupe nehmen. Da jedes Jahr neue Teleskope zu dem Teleskopnetzwerk der Kollaboration hinzugefügt werden, sollten die Bilder laufend besser werden. Im kommenden Jahrzehnt sollte es sogar möglich sein, einen Jet abzubilden, hofft man beim Forschungsteam.

"Zusammen mit der Tatsache, dass Sgr A* eine auffallend ähnliche Polarisationsstruktur aufweist wie das viel größere und massereichere Schwarze Loch M87*, haben wir gelernt, dass starke und geordnete Magnetfelder entscheidend dafür sind, wie Schwarze Löcher mit dem Gas und der Materie um sie herum wechselwirken", freut sich Issaoun. Und Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, sagt: "Die Entdeckung dieser Magnetfelder öffnet ein Fenster in die innersten Regionen von Sgr A*, wo das Zusammenspiel von Gravitation, Magnetismus und Raumzeitkrümmung seinen Höhepunkt erreicht. Je tiefer wir in dieses kosmische Rätsel eindringen, desto mehr Durchbrüche erwarten wir, die die grundlegende Natur Schwarzer Löcher und ihren Einfluss auf galaktische Ökosysteme erhellen werden." (Reinhard Kleindl, 28.3.2024)