Mann bedient ein Navi
Moderne Systeme lassen sich online aktualisieren, bei älteren Modellen rennt man noch mit einem USB-Stick zwischen Auto und PC hin und her.
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Die Zieladresse ist im Navi-System nicht auffindbar. Der Fahrer fährt ungewollt gegen eine Einbahn, weil sich deren Richtung geändert hat. Oder die Reisenden landen in einer Sackgasse, weil ein neuer Gebäudekomplex den Weg versperrt. Auch in der intensiven Reisezeit während der Osterferien dürften wieder viele Menschen gemerkt haben: Ist man in einer fremden Gegend mit einem nicht aktualisierten Navi unterwegs, so kann das die Freude am Urlaub deutlich trüben.

Besonders ärgerlich ist aber, wenn man das Kartenmaterial auf dem eigenen Navi zwar aktualisieren will, die Updates vom Hersteller aber nicht mehr angeboten werden. So geschehen in einem Fall, der Ende Februar in einem Bericht des ORF geschildert wurde: Ein Kärntner hatte Anfang 2019 für rund 54.000 Euro einen Cupra Ateca gekauft und bekam schon nach vier Jahren keine Updates mehr für sein Navigationssystem. Die Aktualisierung sei nur für drei Jahre möglich, so die Antwort des Volkswagen-Konzerns – wiewohl die Dauer der Updates nach den Recherchen des Mediums in diesem Fall schließlich doch verlängert wurde.

Verbraucherschützer sind angesichts solcher Fälle alarmiert und beziehen sich auf das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG), das eben unter anderem ein Recht auf Updates garantieren soll. Eine weitere rechtliche Basis ist die EU-Verordnung Nr. 156, die den Herstellern Vorgaben bezüglich Updates macht. DER STANDARD hat sich bei den Automobilclubs ARBÖ und ÖAMTC umgehört, was es mit diesen rechtlichen Rahmenbedingungen auf sich hat und was es in der Praxis für die Updates der Navigationssysteme bedeutet.

Für wen das Recht auf Navi-Updates gilt

Das VGG ist die nationale Umsetzung der europäischen Warenkaufrichtlinie (Warenkauf-RL) sowie der europäischen Richtlinie betreffend digitale Leistungen. Seine Bestimmungen sind zwingend und können bis auf wenige Ausnahmen nicht abweichend vereinbart werden, wie Gerald Hufnagel, Rechtsexperte beim ARBÖ, erläutert: Anzuwenden ist das Gesetz auf alle Verträge, die ab dem 1.1.2022 abgeschlossen wurden – wer sein Auto also davor gekauft hat, kann bestenfalls auf Kulanz hoffen.

Und das sind nicht wenige Menschen in Österreich: laut Daniel Deimel, Experte für Fahrzeugkommunikation und autonomes Fahren beim ÖAMTC, liegt hierzulande das durchschnittliche Alter im Kfz-Bestand bei über zehn Jahren. "Für zumindest diesen Zeitraum würden wir uns Aktualisierungen für die uneingeschränkte Nutzung der Systeme auch erwarten", sagt Deimel. Denn immerhin sind Autos kostspielige Güter, die sich recht lange im Eigentum der Menschen befinden.

Wie lange müssen Updates geboten werden?

Schwierig zu beantworten ist laut Deimel die Frage, wie lange die Updates für Navigationssysteme nun wirklich zur Verfügung gestellt werden müssen. Und auch Hufnagel erklärt, dass sich konkrete Zeitspannen nach dem Einzelfall richten und seitens des Gesetzgebers nicht klar festgelegt sind – was es entsprechend schwierig macht, auf das eigene Recht zu pochen.

Johann Kopinits, Jurist beim ARBÖ, nennt eine weitere Einschränkung: Wie der Name schon sagt, gilt das Verbrauchergewährleistungsgesetz nur für Verbraucher, Firmenfahrzeuge sind hier zum Beispiel ausgenommen. Allerdings nennt er die EU-Verordnung Nr. 156, die sich an die Hersteller richtet: Diese sind verpflichtet, ihre Typengenehmigung alle drei Jahre zu erneuern, und diese Erneuerung bezieht sich auch auf die Software. Es wird also alle drei Jahre geprüft, ob die Software des Fahrzeugtyps noch den Anforderungen genügt oder aktualisiert werden muss. Daraus ergibt sich die entsprechende Update-Verpflichtung der Hersteller.

Wie die Updates eingespielt werden

Wie die Kartenupdates eingespielt werden, ist je nach Hersteller und Modell unterschiedlich. Eine kurze Rundfrage im Web-Ressort des STANDARD hat ergeben, dass auch in dieser digital versierten Gruppe Daten teils per SD-Karte oder USB-Stick zwischen PC und Auto hin und her getragen werden, in anderen Fällen wird das Update über ein per USB angeschlossenes Smartphone eingespielt. Teilweise sind und waren derartige Updates durch kostenpflichtige Codecs gesperrt, erläutert Deimel: "Das richtige Softwarepaket war bei Händlern oder auch über Online-Herstellerportale – teilweise unter Verwendung von Fahrgestellnummern – zu eruieren."

Bei modernen Fahrzeugen geht der Trend hingegen in Richtung "Over-the-Air" (OTA), die Updates werden also über eine Onlineverbindung eingespielt. Für technisch weniger affine Menschen erschließt sich laut Deimel hier eine Möglichkeit, einfacher an neues Kartenmaterial zu kommen, sofern vom Hersteller keine zusätzlichen Hürden – etwa in Form eines Logins – eingezogen werden. Allerdings muss auch hier das Update normalerweise aktiv vom Fahrzeughalter angestoßen werden, sagt Deimel.

Halten sich die Hersteller an die Vorgaben?

Wie sehr die Hersteller der Verpflichtung zu Updates nachkommen, lässt sich laut Deimel schwer sagen: Die meisten hätten ohnehin derartige Updates in den ersten drei Jahren zur Verfügung gestellt.

Deimel stellt aber auch klar, dass es derzeit – abhängig von Hersteller und Modell – eine Spanne von sechs bis zwölf Jahren nach Produktionsende eines Autos für die Verfügbarkeit von Updates gibt. Wer also ein älteres Fahrzeug fährt, hat Pech gehabt. "Hier gibt es sicher Verbesserungspotenzial", sagt Deimel.

Rechtliche Möglichkeiten

Was aber nun, wenn der Hersteller zum Update verpflichtet ist, dieser Verpflichtung jedoch nicht nachkommt? "Wenn Updates nicht in einem verhältnismäßigen Intervall geliefert werden, dann kann man auf die Gewährleistung pochen", sagt Hufnagel. Allerdings habe der Gesetzgeber eben offengelassen, was derartige "verhältnismäßige Intervalle" sind, ein höchstgerichtliches Urteil gibt es zu dem Thema noch nicht.

Laut Kopinits steigen die Chancen auf einen Gewährleistungsanspruch, wenn der Hersteller die Frist zur Erneuerung der Typengenehmigung auf Basis der EU-Verordnung Nr. 156 verpasst hat. Allgemein sieht er aber auch eher die rechtliche Durchsetzung eines Anspruchs als schwierige Angelegenheit: Klagt man auf Schadenersatz, muss ein konkreter Schaden – etwa ein Unfall – vorliegen und nachgewiesen werden, dass dieser durch das fehlende Update verursacht wurde. Und auch bei geplanter Inanspruchnahme von Gewährleistung wäre die Mangelhaftigkeit der Software in einem Sachverständigenprozess nachzuweisen – was schwierig sein dürfte.

Verpflichtung ja, aber nicht gratis

Nirgendwo ist übrigens rechtlich geregelt, dass die Updates gratis sein müssen, wie Kopinits sagt: Die Hersteller können also durchaus Geld dafür verlangen, aktuelle Software und Kartenmaterial zur Verfügung zu stellen. Bei manchen Anbietern sind diese Updates jeweils einzeln zu bezahlen, bei anderen sind sie in Form eines Abonnements integriert.

Als erste Ansprechperson bei fehlenden Updates nennen die Experten den Händler. Wird hier keine Lösung gefunden, so muss der Weg über den Importeur oder den Hersteller gesucht werden. Verweigern diese die Erfüllung ihrer Verpflichtung, bleibt nur der Weg der Klage. Kopinits verweist außerdem darauf, dass die Kfz-Landesprüfstelle kontaktiert werden kann, wenn der Verdacht besteht, dass der Hersteller die Updates nicht gemäß der EU-Verordnung bereitgestellt hat.

Oder aber man steigt auf jene Navigationssysteme um, die ohnehin in modernen Smartphones integriert sind. (Stefan Mey, 29.3.2024)