Die Stadt St. Pölten sieht sich immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert und hat bundesweit nicht unbedingt den besten Ruf. Zu Unrecht, wie die Stadt, ihre Bewohnerinnen und auch unabhängige Stadtplaner immer wieder betonen. Nicht zuletzt aufgrund der Nähe und guten öffentlichen Anbindung zu Wien sowie der vergleichsweise noch günstigen Immobilienpreise ist St. Pölten eine Stadt, die zunehmend beliebter wird. Doch in einigen Punkten hat die Stadt noch Aufholbedarf. Einer davon ist die Versiegelung durch Verkehrsflächen, wie Daten der Österreichischen Raumordnungskonferenz zeigen, die der Österreichische Verkehrsclub (VCÖ) nun analysiert hat.

Stau Wien Innenstadt Ring
In Wien liegt die Versiegelung durch Verkehrsflächen bei 31 Prozent.
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Demnach sind 40 Prozent der versiegelten Fläche St. Pöltens für Verkehrsinfrastruktur in Verwendung – ein Spitzenwert unter Österreichs Landeshauptstädten. Dahinter folgen Eisenstadt und Innsbruck mit 34, Wien, Salzburg, Linz und Bregenz mit 31, Klagenfurt mit 30 und Graz mit 28 Prozent. Im Schnitt geht in den Landeshauptstädten ein Drittel der versiegelten Gesamtfläche somit nicht für Wohnen, Arbeiten oder Freizeit drauf – sondern für den Verkehr.

Wie groß das Problem ist, zeigt sich vor allem an heißen Sommertagen. Denn dann heizen sich Asphaltflächen von Straßen oder Parkplätzen sowie parkende Autos massiv auf. Diese Flächen erwärmen die Umgebung und strahlen auch in der Nacht weiter Wärme ab, wodurch Städte sich nicht abkühlen können. Das verstärkt die gesundheitliche Hitzebelastung, die ohnehin schon hoch ist. In den meisten Städten des Landes hat sich die Anzahl der Hitzetage in den letzten zehn Jahren ungefähr verdoppelt.

Um die Lebensqualität jener Menschen zu verbessern, die entlang von Verkehrsflächen wohnen, raten Expertinnen und Experten zu Entsiegelung. Das heißt nicht unbedingt, dass Parkplätze komplett verschwinden müssen – auch wenn das freilich am besten wäre. Eine Möglichkeit ist etwa, geschlossenen Asphalt durch versickerungsfähige Bodenbeläge zu ersetzen. So kann etwa bei starken Regenfällen Wasser im Boden versickern, außerdem ermöglichen die Öffnungen des Belags, dass Pflanzen hindurchwachsen können. Einzelne Gemeinden in Österreich haben das Problem bereits erkannt und reißen auf, anstatt weiter zuzubetonieren – DER STANDARD hat berichtet.

Pflastersteine
Spezielle Pflastersteine sind versickerungsfähig und lassen Gras und andere Pflanzen durchwachsen. Das hat auch einen kühlenden Effekt.
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Der VCÖ fordert zudem mehr schattenspendende Bäume und kühlendes Grün entlang von Straßen. "Gehsteige, die in der prallen Sonne liegen, werden für viele, etwa ältere Menschen oder chronisch Kranke, unbenützbar. Damit wird ausgerechnet die klimafreundlichste Mobilität eingeschränkt", sagt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Der öffentliche Raum müsse dringend rascher und stärker an den Klimawandel angepasst werden, heißt es weiter.

Auch die Flächen öffentlicher Verkehrsmittel könnten grüner werden. Rasengleise für Straßenbahnen gibt es in Linz bereits auf rund 16 und in Wien auf acht Kilometern. Auch die Begrünung von Haltestellen sei laut VCÖ eine wirksame Maßnahme gegen Hitze.

Ein Schwamm unter der Erde

Ebenso wie die sogenannte Schwammstadt. Dabei liegen faustgroße Steine im Untergrund, wodurch Regenwasser nicht mehr über die Kanalisation abgeleitet werden muss, sondern vor Ort versickern kann und gespeichert wird. Die Stadt saugt sich sozusagen voll wie ein Schwamm und gibt das Wasser bei Hitze wieder ab. Auch Bäume haben dann mehr Platz, um Wurzeln zu schlagen. In Straßen mit Schwammstadtprinzip ist es deutlich kühler als anderswo in der Stadt. Das Konzept ist in Skandinavien bereits verbreitet und wird auch in Österreich immer bekannter.

Etwa auch in St. Pölten, wo auf dem Promenadenring aktuell eines der größte Schwammstadtprojekte in einer österreichischen Altstadt umgesetzt wird. Durch 200 neue Bäume soll die Beschattung der Straße in 25 Jahren bei rund 50 Prozent liegen – eine Verzehnfachung des aktuellen Werts. (Bernadette Redl, 29.3.2024)