Harald Welzer gilt als Vordenker. Das renommierte Schweizer Gottlieb-Duttweiler-Institut reiht den deutschen Sozialpsychologen sogar unter die 100 wichtigsten Vordenker weltweit. Harald Welzer provoziert gerne. Gemeinsam mit Richard David Precht im Bestseller "Die Vierte Gewalt" etwa. Der Vorwurf: Die Massenmedien würden sich selbst gleichschalten und vom "Mainstream" abweichende Meinungen unterdrücken. Der mediale Aufschrei war erwartungsgemäß groß, der Buchverkauf lief trotzdem prächtig.

Zwei Männer sitzen am Tisch
Lorenz Brunner im Interview mit Harald Welzer im Rahmen des 15. Europäischen Mediengipfels in Lech am Arlberg.
Lorenz Brunner

Kein Blatt vor den Mund nimmt er sich auch, wenn es um den menschengemachten Klimawandel geht. "Meine Generation hat alles versaut", sagt er. Ein klassischer Welzer. Und in diese Kerbe schlägt der 65-Jährige auch bei seinem Auftritt beim Europäischen Mediengipfel in Lech am Arlberg.

Eine Form des Wirtschaftens, die sich über die Endlichkeit der Welt im Klaren ist, müsse oberste Priorität haben. Und dabei kritisiert er einmal mehr die klassischen Medien: "Der Klimawandel bekommt immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit, noch immer werden kontextlos Werbeinserate für Kreuzfahrtreisen geschalter."

Doch besondere Zeiten benötigen besondere Maßnahmen. Die verzweifelten Versuche, alles beim Alten zu belassen und lediglich ein wenig zu optimieren, funktioniere laut Welzer eben nicht mehr. "Das Aufstiegsversprechen ist auserzählt und seriös auch nicht mehr einzuhalten", sagt er. Zumindest dann nicht, wenn man Erderwärmung und Co nachhaltig bekämpfen würde.

Sich auf Innovationen zu verlassen, so wie es viele Entscheidungsträger noch immer tun würden, sei Augenauswischerei. "Es ist evident, dass Menschen gerne über Dinge sprechen, die sie selbst nicht machen", warnt der Sozialpsychologe. (Lorenz Brunner, 6.12.2023)