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Der Tiroler Johann Grander war der Erfinder des "belebten" Granderwassers. Forderungen, ihm das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst abzuerkennen, sind bislang gescheitert.

Foto: APA/Werner Krug

Man kann den Pseudowissenschaftern und Esoterikern ja viel vorwerfen, aber eines nicht: mangelnde Geschäftstüchtigkeit! Denn sie haben einen Weg gefunden, enorm viel Geld mit einem Produkt zu verdienen, das in Österreich jedem zur Verfügung steht und eigentlich kaum etwas kostet: Wasser. Für einen Liter Wasser aus der Leitung bezahlt man weniger als einen Cent und die Qualität des Trinkwassers ist hierzulande außergewöhnlich gut. Und selbst wer sein Wasser lieber abgefüllt im Supermarkt kauft, muss dafür selten mehr als einen halben Euro pro Liter ausgeben.

Was macht man also als Esoteriker angesichts so eines billigen und überall verfügbaren Produkts? Man "belebt" es und verkauft es danach für einen absurd hohen Preis! Es ist ganz erstaunlich, was man mit simplem Wasser anstellen kann. Es lässt sich angeblich energetisieren, magnetisieren, vitalisieren, informieren, spiralisieren oder gar levitieren.

"Spiralisiertes" und "informiertes" Wasser

Und es scheint fahrlässig zu sein, das nicht zu tun. "Zwingt man Wasser in geradlinige Rohre verliert es seine Kräfte, wird schal und stirbt langsam ab", schreibt da zum Beispiel ein Anbieter von "SpiralWasser", und damit wieder das richtige, gute und gesunde Wasser aus der Leitung kommt, müsse man dringend spezielle "Spiralrohre" einbauen (ab 69 Euro pro Meter).

Wer sein Wasser aber nicht nur spiralisiert, sondern auch informiert trinken will, muss ein wenig tiefer in die Tasche greifen. Immerhin ist "Informationswasser" ein Wasser "von hoher Ordnung und Stabilität". Das kann man zumindest auf der Internetseite der vom Tiroler Unternehmer Johann Grander gegründeten Wasserbelebungsfirma nachlesen. Er behauptet, eine Technik entwickelt zu haben die "gezielt und nachhaltig auf die innere Struktur des Wassers einwirkt, indem sie ihm eine stabile innere Struktur wiedergibt". Denn, so Grander, unser Wasser ist "belastet" und besitzt "nicht mehr die ursprüngliche Reinheit". Es muss belebt werden, um die "UR-Information" wieder zurückzuerlangen.

Das ist zum Glück gar nicht weiter kompliziert, denn sie basiert auf "kontakloser Informationsübertragung". Das bedeutet, man muss normales Wasser einfach nur an informiertem Wasser vorbeifließen lassen, um dessen anscheinend spezielle Eigenschaften übermitteln zu können. Eine entsprechende Anlage für den Hausgebrauch ist trotzdem erst ab etwa 1.400 Euro zu haben, kann aber natürlich auch wesentlich teurer werden, wenn man beispielsweise gleich ein ganzes Schwimmbad oder eine komplette Firma mit gut informiertem Wasser ausstatten will.

Hitler und Heavy Metal machen Wasser hässlich

Noch besser wäre es allerdings, anstatt des Trinkwassers sich selbst zu informieren. Zum Beispiel über die realen physikalischen Eigenschaften der Wassermoleküle. Die liegen in flüssigem Wasser nicht durchgehend völlig frei vor, sondern hängen über sogenannte Wasserstoffbrückenbindungen zusammen. Die Elektronen in den Hüllen der Wasserstoff- und Sauerstoffatome, aus denen ein Wassermolekül besteht, sind nicht gleichmäßig verteilt und durch die so zwischen den Molekülen wirkende Anziehungskraft können sie zusammenhalten und "Wassercluster" bilden.

Genau diese Cluster sollen nun die Träger der esoterischen Informationen sein, die von den diversen teuren Belebungsgeräten übertragen werden. Angeblich sollen die Wassercluster sogar in der Lage sein, Gefühle zu speichern. Zeigt man dem Wasser unangenehme Bilder - zum Beispiel einen Zettel mit dem Namen "Hitler" - oder spielt ihm böse Heavy-Metal-Musik vor, dann bilden sich beim Gefrieren nur "hässliche" Kristalle. Nette Worte wie "Danke" oder freundliche klassische Musik dagegen produzieren "schöne" Kristallformen. Das zumindest behauptete der japanische Politikwissenschafter Masaru Emoto, der diese Art der "Forschung" in den 1990er Jahren durchführte.

Seriös reproduziert werden konnten diese Ergebnisse allerdings nicht. Das war auch nicht zu erwarten, denn die Wassercluster sind extrem kurzlebig. Die schwachen Bindungen zwischen den Molekülen halten nur ein paar Billionstel einer Sekunde, bevor sie wieder auseinanderfallen. Nicht genug Zeit also, um irgendwelche Informationen zu speichern oder gar auf Namen wie "Hitler" zu reagieren (abgesehen davon sollte man sich als Wasser ja auch eher vor Feuer oder meinetwegen auch Küchenschwämmen fürchten und nicht vor irgendwelchen Diktatoren ...).

Kein Zusatzangebot, dennoch hohe Nachfrage

Wasser gehört zu den am besten untersuchten Stoffen in der Wissenschaft. Es hat viele überraschende und ungewöhnliche Eigenschaften, die es für uns Lebewesen auch so fundamental wichtig machen. Die Eigenschaft, Informationen oder Emotionen zu speichern, gehört aber definitiv nicht dazu. Keine objektiven wissenschaftlichen Untersuchungen konnten die Behauptungen der Wasserbeleber bis jetzt stützen. Wasser bleibt Wasser, egal ob es durch teure Geräte informiert, vitalisiert oder spiralisiert wird.

Aber wenn etwas angeblich gut für uns ist, dann stören uns auch hohe Kosten nicht, und daher erfreut sich das belebte Wasser in Österreich trotz aller wissenschaftlichen Widerlegungen großer Beliebtheit. Man findet es in privaten Haushalten genauso wie in Hotels, Restaurants und Supermärkten. Brauereien, Bäckereien und andere Industriebetriebe erhoffen sich durch den Einsatz von Wasserbelebungsgeräten wirtschaftliche Vorteile und sogar öffentliche Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Schulen haben kein Problem damit, Geld für eine "Information" ihres Wassers auszugeben. Denn die kommt ja immerhin - angeblich - von Gott höchstpersönlich: Jesus sei ihm erschienen, berichtete Johann Grander, und das war der Ausgangspunkt für seine Entdeckung des belebten Wassers.

Die Sache mit dem Ehrenkreuz

Das hat sich nicht nur finanziell ausgezahlt. Im Jahr 2001 wurde Grander das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen. 2008 stellten alle im Parlament vertretenen Parteien mit Ausnahme von ÖVP und BZÖ eine Anfrage an den damaligen Wissenschaftsminister Johannes Hahn, in der sie eine Aberkennung dieser Auszeichnung forderten. Hahn lehnte ab.

Denn bis jetzt wurde das Ehrenkreuz erst ein einziges Mal zurückgezogen, und zwar im Fall des NS-Arztes Heinrich Gross. Und "aus Gründen der Verhältnismäßigkeit" sei eine Aberkennung im Fall von Grander "nicht vertretbar". Es reicht in Österreich also offensichtlich, kein NS-Verbrecher zu sein, um mit einer offiziellen wissenschaftlichen Ehrung ausgezeichnet werden zu können. Die Wissenschaftlichkeit der Arbeit scheint dabei egal zu sein ... (Florian Freistetter, derStandard.at, 21. 1. 2015)