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In Wien hat die Hilton-Gruppe drei Häuser: Das an der Donau trägt reguläre vier Sterne, das deutlich edlere "Plaza" am Ring und das 2004 wiedereröffnete Hilton beim Stadtpark aber keine.

Foto: APA/Techt

In Österreich dürfen sich 61 Hotels mit fünf Sternen schmücken. Etliche andere Luxushotels verzichten aber auf die Sterne - weil "Luxus" in Sparzeiten auf Spesenrechnungen der Gäste keinen schlanken Fuß macht.

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Wien - "Ein bisserl scheinheilig", gibt Michaela Reitterer zu, "ist das schon." Schließlich, weiß die Vorsitzende der Wiener Abteilung der österreichischen Hoteliersvereinigung, stehen Marken wie "Hilton", "Intercontinental" oder "Le Meridien" weltweit für das, was als Luxus- und also Fünfsternehotel gilt. Dass - neben anderen Wiener Spitzenhotels - just diese Hotels keinen einzigen Stern haben, "klingt tatsächlich paradox."

Schließlich, bestätigt auch Robert Nürnberger vom Wiener Tourismusverband, "gibt es bei der Qualität keine Abstriche": Hilton, Intercont & Co erfüllen die Anforderungen, die das Publikum an Fünfsternehäuser stellt. Auch in den Unterlagen, die die Stadt Wien Kongressveranstaltern stellt, stehen die "Sternlosen" gleichberechtigt bei "echten" Fünfsternern wie Imperial und Sacher.

"Sparsame" Optik

Über den Grund für die Sternlosigkeit spricht man in der Branche nicht gerne. Schließlich handelt es sich beim Verzicht auf die Klassifizierung meist um einen Winkelzug, um nicht auf Kunden verzichten zu müssen, denen offiziell Sparsamkeit auferlegt wird: Da immer mehr Controller und Antikorruptionsspezialisten in Konzernzentralen bei Businesstrips, Kongressen und Einladungen - vor allem im Pharmabereich - auf das Wort "Luxus" allergisch reagieren, weichen die Hoteliers aus.

Sie verzichten lieber auf ein Etikett, das man ohnehin mit der Marke assoziiert, als auf lukrative Kundschaft: "Begonnen", erzählt Wientouristiker Nürnberger, "hat das schon vor etwa sieben oder acht Jahren. Aber so etwas trägt man natürlich nicht laut nach draußen."

Verwunderlich ist das nicht. Schließlich ist keines der Häuser, die da ganz diskret auf die jährlich neu vorzunehmende Klassifizierung verzichten, billiger geworden, weil es Suiten und Zimmer unbesternt offeriert. Solange niemand hinzeigt oder darüber spricht, bleibt die "sparsame" Optik auf den Spesenabrechnungen gewahrt: Die Welt bleibt so für alle Beteiligten - Hotelier, Gast und Controller - in Ordnung.

Globaler Trick

Diese Methode funktioniert längst weltweit. Aber da Wien seit mittlerweile drei Jahren das globale Kongressstadt-Ranking anführt, ist der Trick hier de facto unverzichtbar.

Freilich: Davon, dass mit dem Verzicht auf die Sterne Abstriche bei der Qualität einhergehen könnten, könne "gar keine Rede" sein, betont Claudia Wittmann, Sprecherin von Hilton in Österreich. In Wien hat die Hilton-Gruppe drei Häuser: Das an der Donau trägt reguläre vier Sterne, das deutlich edlere "Plaza" am Ring und das 2004 wiedereröffnete Hilton beim Stadtpark aber keine. "Unsere Marke ist so stark, dass jeder weiß, dass wir diesen Standard haben", betont Wittmann. Dafür würden auch die internationalen Qualitätkriterien sorgen, die jedes Haus zu erfüllen hat, "unabhängig von nationalen Kriterien." Daher sei es kein Zufall, dass die "fehlenden" Sterne des "größten österreichischen Konferenzhotels" (Wittmann über das Haus am Stadtpark) im Verkauf "noch kein einziges Mal" Thema waren.

Rechtliche Schritte überlegt

Freilich ist der Sterneverzicht nicht immer ganz eindeutig der "Luxus-Allergie" zuordenbar: Während etwa das "Plaza" seine Kategorisierung tatsächlich freiwillig zurücklegte, soll das Stadtpark-Hilton die nationale Bad-Mindestgröße eine Spur unterschritten haben. Das Intercont dagegen, weiß Hotelklassifiziererin Reitterer, "verzichtete freiwillig", während im "Le Meridien" - aufgrund denkmalschützerischer Auflagen - Toiletten und Bad baulich nicht immer getrennt sind: Im Austro-Reglement ein K.-o.-Kriterium, "für Gäste macht das facto keinen Standard-Unterschied."

Dennoch könnte das Ansprechen des Themas jetzt juristische Folgen haben: Da die Sterne eine eingetragene Marke sind, die von der Wirtschaftskammer nach strenger Prüfung vergeben wird, ist es keine Lappalie, wenn Nicht-Sterne-Betriebe mit Sternen aufscheinen. Doch viele Buchungs-Homepages führen Hilton & Co ganz selbstverständlich als Fünfsternehäuser. Davon erfuhr Klaus Ennenmoser, Bundesobmann des Fachverbandes für Hotellerie in der Kammer, aber erst vom STANDARD: "Wenn dem so ist, müssen wir rechtliche Schritte - etwa Unterlassungsklagen - überlegen. Gegen wen auch immer." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.8.2009)