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Rudolf Jettmar: "Wir sperren ja keine Postämter zu, wir verändern nur die Art der Dienstleistung."

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Die Fragen stellte Luise Ungerboeck.

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STANDARD: Haben Sie gegen den lustigen Bescheid der Frau Verkehrsministerin betreffend Postamtsschließunen schon ein Rechtsmittel gefunden?

Jettmar: Der Bescheid ist von der Obersten Postbehörde, nicht von der Frau Bundesministerin. Das Rechtsmittel werden wir bei Verwaltungs- und/oder Verfassungsgerichtshof ergreifen.

STANDARD: Die Argumentation der Behörde ist recht eigenwillig, wo sehen Sie den Hebel?

Jettmar: Das Problem ist, dass das bestehende Postgesetz legistisch nicht gerade das Beste vom Besten ist, es lässt Interpretationen zu. Wir prüfen nun die Interpretationen der Behörde.

STANDARD: Das Ergebnis wird ohne Folgen bleiben, der Bescheid läuft aus, bevor das Urteil da ist. Aber die Post wird von der Politik beim Zusperren der Ämter nur behindert.

Jettmar: Wir sperren ja keine Postämter zu, wir verändern nur die Art der Dienstleistung, sie wird künftig von einem Postpartner erbracht.

STANDARD: Bis im Jänner das Postmarktgesetz gilt, bleibt Ihnen ein Zeitfenster von drei Monaten, um möglichst viele Ämter ersatzlos zu streichen. Nützen Sie das aus?

Jettmar: Die Post hat das Ziel, die Bevölkerung gut mit Postdienstleistungen zu versorgen. Wie wir das tun, muss uns überlassen sein, wir sind ja keine öffentliche Gesellschaft. Es gibt jetzt kein Zeitfenster, das Gesetz gibt‘s schon lang.

STANDARD: Postpartner haben für Sie einen großen Vorteil: Sie können jederzeit wieder gekündigt werden.

Jettmar: Die Post muss die Versorgung gewährleisten. Wenn ein Postpartner ausfällt, werden wir einen neuen suchen und finden.

STANDARD: Sie feiern einen neuen Kollektivvertrag, was bringt der?

Jettmar: Der Kollektivvertrag hat eine historische Bedeutung ...

STANDARD: Weil er grottenschlecht für die neuen Beschäftigten ist?

Jettmar (lacht): Nein, so etwas würde ich als humanistischer Mensch nie machen. Nein, der KV ist so wichtig, weil er zwei Kollektivverträge vereint: Die Güterbeförderung, also Logistik und Paketzusteller, und den Handels-KV für Mitarbeiter in Filialnetz und Administration. Das ist also keine Sonderlösung für die Post, sondern wir sind damit marktkonform unterwegs - unter dem Vorbehalt, dass auch die Konkurrenz mit angestellten Zustellern unterwegs ist. Gegen selbständige Zusteller haben wir damit auf der Kostenseite natürlich keine Chance. Wir sichern mit dem neuen KV Arbeitsplätze in der Österreichischen Post.

STANDARD: Ist die Auslagerung von Zustelldiensten definitiv vom Tisch?

Jettmar: Wir haben immer gesagt, wenn wir vergleichbare Bedingungen haben, ist die Notwendigkeit für eine Auslagerung nicht mehr gegeben. Außerdem hätten wir die Auslagerung an Fremdfirmen nur mit der Auflage gemacht, dass die Zusteller unselbständig erwerbstätig sind, also angestellt werden. Aber: Wir sind aufgrund der Wirtschaftsentwicklung mit sinkenden Volumina konfrontiert. Daher müssen wir unsere Prozesse laufend optimieren. Wir werden aber, das kann ich nach derzeitigem Wissensstand sagen, die Post durch "Postler" zustellen. Qualität und Verlässlichkeit, das werden auch mit Blick auf künftige Konkurrenten, die wichtigen Themen sein.

STANDARD: In gewisser Weise hilft Ihnen die Wirtschaftskrise sogar. Die ersten Konkurrenten - Stichwort Hermes - haben bereits "die Patschen gestreckt", bevor das Briefmonopol überhaupt gefallen ist ...

Jettmar: Solche Worte würde ich nie verwenden. Es ist einfach so, es macht ökonomisch wenig Sinn macht, in einem kleinen Land mehrere parallele Verteilsysteme und -netzen zu unterhalten. Daher hat Hermes seine Kunden behalten, aber Teile seines Zustellvolumens der Österreichischen Post übertragen. So ein ökonomisch-rationales Verhalten würde ich nicht als "Patschen-Strecken" bezeichnen.

STANDARD: Läuft die Post Gefahr, ihre Briefverteilzentren für neue Anbieter öffnen zu müssen?

Jettmar: Wir sind strikt dagegen, das sind unsere Betriebseinrichtungen, das ist unser Logistik-Know how. Diese Kapazitäten brauchen wir selber, um unseren Universaldienstverpflichtungen wie E plus 1 (Zustellung einen Tag nach Abgabe eines Briefs, Anm.), zu erfüllen. Wenn jetzt jemand kommt und sagt, er will das auch nutzen, dann wäre das so, als machte jemand sein Frisörlokal auf und ein anderer kommt vorbei und sagt: "Jö, da ist noch ein Stuhl frei, ich hab auch einen Kunden und den rasier' ich jetzt schnell".

STANDARD: Wo ist das Problem? Die Telekom muss ihre Leitungen auch an Mitbewerber vermieten.

Jettmar: Der Vergleich stimmt so eben nicht. Da ist mein Frisör-Vergleich besser. Die Telekomkabel waren mit Monopolgeldern vergraben worden und die wurden eben an neue Betreiber vermietet. Bei der Post sind das keine fixen Netze, sondern hochentwickelte und optimierte Logistik-Dienstleistungen. Post- und Telekomnetz haben außer dem Wort Netz nichts gemeinsam.

STANDARD: Ihre Verteilzentren wurden mit Monopolrenten finanziert. Sie könnten mit solchen Dienstleistungen ja ihre Auslastung erhöhen?

Jettmar: Ja, das tun wir auch. Aber wir können den Preis für diese Leistung selbst bestimmen. Das darf nicht reguliert werden, sonst sind wir in einer Falle. (Langfassung/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.7.2009)