Newcastle - Ein Wissenschafterteam aus Newcastle hat laut eigenen Angaben weltweit erstmals menschliches Sperma im Labor erzeugt. Das Team um Karim Nayernia von der Newcastle University und dem NorthEast England Stem Cell Institute glaubt, dass diese Forschungsergebnisse eines Tages Männern mit Fruchtbarkeitsproblemen helfen könnten, Vater zu werden. Die Wissenschaftler schreiben in dem Fachmagazin "Stem Cells and Development", dass es aber noch mindestens fünf Jahre bis zur Perfektionierung des Verfahrens dauern wird.

Das Verfahren

Ausgangspunkt waren Linien von Stammzellen, die aus menschlichen Embryos gewonnen wurden, die ihrerseits nach künstlichen Befruchtungen gespendet wurden. Die Stammzellen wurden entfernt, als der Embryo einige Tage alt war, und in Tanks mit flüssigem Stickstoff gelagert. Später wurden sie auf Körpertemperatur gebracht und in eine chemische Lösung gelegt, die das Wachstum fördern sollte. Anschließend wurden die Stammzellen im Labor angeregt, sich zu sogenannten Keimbahnzellen zu entwickeln. Diese geben genetisches Material an künftige Generationen weiter und sind die Vorläufer von Samen- und Eizelle. Die Zellen enthielten unter anderem je ein X und ein Y Chromosom, was sie als männlich definierte.

Die XY-Stammzellen durchliefen den kritischen Vorgang der so genannten Meiose, bei der sich die Anzahl der Chromosomen halbiert. Der Vorgang der Entstehung und Entwicklung des Spermas dauerte insgesamt vier bis sechs Wochen. Laut den Wissenschaftlern war das Sperma voll entwickelt und mobil. Ein entsprechendes Video zur Untermauerung der Forschungsergebnisse wurde ebenfalls hergestellt. 

Skepsis und Kritik

Experten sind allerdings nicht vollständig davon überzeugt, dass wirklich ein voll entwickeltes Sperma hergestellt wurde. Allan Pacey von der Universität Sheffield etwa sagte, es handle sich lediglich um Spermien im frühen Stadium. Weitere Tests seien notwendig, um festzustellen, was die Forscher aus Newcastle wirklich erreicht hätten.

Und wie bei allen derartigen Forschungen wird auch hier die Frage nach der Ethik gestellt. Josephine Quintavalle von Comment on Reproductive Ethics (Corethics) erklärte gegenüber der BBC, dass es sich bei diesem Forschungsprojekt um "moralischen Wahnsinn" handle. "Perfekt lebensfähige Embryonen sind zerstört worden, um Spermien zu erzeugen, deren Gesundheit und Lebensfähigkeit infrage steht." Nayernia betonte seinerseits: "Wir verstehen, dass manche Menschen Bedenken haben. Aber das heißt nicht, Menschen im Reagenzglas produzieren zu können, und wir haben das auch nicht vor." (pte/red)