Die Bilder von der Demonstration am Wochenende in Hamburg, die von Islamisten organisiert wurde und bei der Schilder mit der Aufschrift "Kalifat ist die Lösung" zu sehen waren, sind schwer erträglich. Als Reaktion wird ein Verbot derartiger Kundgebungen gefordert, vor allem in sozialen Medien.

Doch die Verbotsreflexe sind problematisch. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Demonstrationsfreiheit sind Grundrechte, die in einem liberalen Rechtsstaat auch für Menschen gelten sollen, die problematische Ansichten vertreten. Eingriffen sind enge Grenzen gesetzt: Unsere Verfassung definiert das Verbot der NS-Wiederbetätigung als eine solche Grenze, was historisch begründet ist. Die Grenze ist auch überschritten, wenn explizit zu Gewalt aufgerufen wird oder Verhetzung stattfindet. Das war, soweit bekannt, nicht der Fall.

Kalifat-Demo auf dem Steindamm in Hamburg. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort.
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Abgesehen von diesen Ausnahmen ist bei Grundrechtseingriffen Zurückhaltung angebracht. Kalifat-Aufrufe wollen wir alle nicht hören. Aber das rechtfertigt kein Verbot.

"Fehlende Anhaltspunkte für die erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele" waren der Grund dafür, dass das deutsche Höchstgericht seinerseits einem Verbot der rechtsextremen NPD die Zustimmung versagte. Genauso wird niemand ernsthaft glauben, die Demokratie in Deutschland sei durch diese kleine, sektiererische Gruppe in Gefahr. 1100 Menschen versammelten sich zur Demo in Hamburg.

Was die Demokratie braucht, sind Menschen, die an ihre Stärke glauben. Aus gutem Grund: Freiheit und liberale Grundprinzipien sind so starke Werte, dass die absolute Mehrheit der Bürger dieses System verteidigt. Das macht es stark. Das bedeutet auch: Hürden für Verbote können hoch bleiben. (András Szigetvari, 29.4.2022)