Das Bild zeigt ein E-Auto aus der Fahrzeugflotte von Sixt.
Der deutsche Autovermieter ist gezwungen, seine ursprünglichen Pläne für E-Autos zu revidieren.
IMAGO/APress

Auf anfängliche Zuversicht scheint bei E-Autos die Ernüchterung zu folgen: Das zeigt sich einerseits durch zunehmende Skepsis bei Privatkundinnen und -kunden in Europa, andererseits durch Maßnahmen bei Autovermietern. Nicht nur Hertz trennt sich von 20.000 E-Autos, auch beim deutschen Autovermieter Sixt ist schon länger bekannt, dass es nicht so rund läuft, wie man es sich anfangs erhofft hatte. In einem Interview mit dem Handelsblatt bestätigt der Co-Chef Alexander Sixt nun die Probleme. Weil man mit der Auslastung der E-Autos "nicht zufrieden" sei, müsse man Konsequenzen ziehen.

Trotz Wachstumsprognosen müsse der deutsche Autovermieter mit einem Verlust im ersten Quartal rechnen. Hauptursachen dafür sind erhöhte Fahrzeugkosten aufgrund von Anschaffungen zu Spitzenpreisen während der Fahrzeugknappheit in den Jahren 2022 und 2023 sowie rapide sinkende Restwerte der Fahrzeuge. Sixt plane, diese Herausforderungen durch den Austausch eines Großteils der teuren Fahrzeuge gegen kostengünstigere Modelle zu bewältigen, was 2024 quasi zu einem Übergangsjahr machen soll.

Neuausrichtung notwendig

Ursprünglich hatte Sixt geplant, bis 2030 zwischen 70 und 90 Prozent der Fahrzeugflotte in Europa auf Elektroautos umzustellen. Diese Ziele wurden unter der Annahme formuliert, dass bis 2035 ein Verbrennerverbot in Europa in Kraft treten würde. Angesichts neuer Diskussionen über das Verbot sieht sich Sixt jedoch gezwungen, diese Pläne zu überdenken. Man stehe zudem vor der Herausforderung, die Strategie auch an die tatsächliche Verfügbarkeit von Elektrofahrzeugen und nicht zuletzt die Wünsche seiner Kunden anzupassen.

Zur Frage, wie die Kunden von Sixt denn auf E-Autos reagieren, erklärte Alexander Sixt, dass ein deutliches Interesse seitens der Kundinnen und Kunden bestehe, die Auslastung der Elektroautos allerdings noch nicht zufriedenstellend sei. Diese Situation spiegle auch die allgemeine Marktstimmung wider, die durch eine gewisse Zurückhaltung bei der Adoption von Elektrofahrzeugen gekennzeichnet ist.

Schließlich spricht Sixt die Notwendigkeit eines kohärenten industriepolitischen Ansatzes in Europa an, um die Elektromobilität effektiv zu fördern. Er kritisiert das Fehlen einer konsequenten Förderung der Elektromobilität und warnt vor den negativen Konsequenzen, sollte das Verbrennerverbot erneut infrage gestellt werden. Diese Situation stelle jedenfalls die getätigten Investitionen und die strategische Ausrichtung von Unternehmen, die auf Elektromobilität setzen, hart auf die Probe.

Spezifische Probleme

In einem Gespräch mit dem STANDARD erörterten zwei Experten zuvor schon spezifische Herausforderungen, denen sich Autovermieter bei der Vermietung von Elektroautos gegenübersehen – Probleme, die Privatkundinnen und -kunden in der Regel nicht betreffen. Sie erklärten, dass Mietfahrzeuge oft weniger sorgfältig behandelt werden, was besonders bei Elektroautos zu einem erhöhten Unfallrisiko und damit verbundenen höheren Reparaturkosten führt. Dies liegt vor allem an der stärkeren Beschleunigungsfähigkeit dieser Fahrzeuge, die Nutzer dazu verleitet, die Leistung intensiv auszuprobieren.

Die Experten wiesen auch darauf hin, dass die Vermietungsbranche mit Herausforderungen wie der Reichweitenskepsis kämpft, insbesondere bei internationalen Kunden, die sich im Ausland ungern auf die Suche nach einer Ladestation machen möchten. Diese Sorge führt oft dazu, dass Kunden eher traditionelle Verbrennungsmotoren bevorzugen.

Zudem wurde betont, dass die höheren Reparaturkosten nicht spezifisch für bestimmte Marken wie Tesla seien, sondern allgemein auf die intensivere Nutzung von Mietfahrzeugen zurückzuführen sind. Die Experten sind sich einig, dass Autovermieter grundsätzlich mit höheren Instandhaltungskosten rechnen müssen, unabhängig vom Fahrzeugtyp. (bbr, 29.4.2024)