Liedtexte werden immer simpler. Zumindest hat das eine Studie an der Universität Innsbruck ergeben, in der die Informatikerin Eva Zangerle mit ihrem Team 12.000 englischsprachige Rap-, Country-, R-'n'-B- und Rocksongs, die zwischen 1980 und 2020 veröffentlicht wurden, analysiert hat. Besonders Rap- und Rocksongs seien simpler gestrickt und aufgrund ihres geringeren Wortschatzes leichter zu verstehen als früher, dafür aber emotionaler und persönlicher, das zeigt die im Fachblatt "Scientific Reports" veröffentlichte Studie.
Im Fokus der Studie standen Wortschatz, Lesbarkeit, Komplexität und die Anzahl der wiederholten Zeilen. In einem Interview mit der APA erklärte Zangerle, dass sich die Anzahl der komplexen Wörter reduzieren würde und sich das sowohl an der Lesbarkeit als auch an der Anzahl der wiederholten Zeilen zeigen würde. "Außerdem wiederholen sich ganze strukturelle Komponenten wie der Refrain, aber auch einzelne Zeilen häufiger", sagt die Informatikerin.
Geänderte Vertriebskanäle
Eine mögliche Ursache sehen die Autorinnen und Autoren der Studie darin, dass sich die Vertriebskanäle geändert haben und Musik auf den Streamingplattformen anders rezipiert wird als früher. Außerdem sei die Zunahme von Liedern, die als Hintergrundmusik verwendet werden, ein weiterer Hintergrund. "Das Musikstück muss in den ersten zehn bis 20 Sekunden überzeugen, sonst wird zum nächsten Lied gewechselt", erklärte die Studienleiterin.
Eine Analyse der Aufrufe von Songtexten auf der Plattform Genius zeigte, dass ältere, rockigere Songs häufiger aufgerufen werden als neuere Rocksongs. Umgekehrt ist das aber bei Countrysongs. Daraus schließen die Autorinnen und Autoren der Studie, dass Rockhörer Texte aus älteren Liedern bevorzugen und bei Rap, Rock und Country Texte eine größere Rolle spielen als bei anderen Genres.
Emotionaler und persönlicher
Besonders in R-'n'-B-, Pop- und Countrysongs nahm auch die Anzahl emotional negativer Wörter zu, und generell sind Texte heute emotionaler und persönlicher. In heutigen Rapsongs gibt es aber sowohl mehr negative wie auch positive Texte, und alle Genres hätten gemeinsam, dass vermehrt Wörter verwendet würden, die mit Wut in Zusammenhang stünden. Andere Arbeiten, die sich mit dem Audiosignal beschäftigen, hätten bereits gezeigt, dass Musik als weniger fröhlich empfunden wird. "Das komplettiert unsere Studie", so Studienleiterin Zangerle.
Dass Musik immer simpler wird, scheint aber kein ganz neues Phänomen zu sein. Der bekannte amerikanische Informatiker und Mathematiker Donald Knuth veröffentlichte bereits 1977 die Studie "The Complexity of Songs", in der er nicht ganz ernst gemeint die sich wiederholenden Texte neumodischer Musik und die Tendenz weg von langen und inhaltsreichen Balladen zu Texten mit wenig oder gar keinem Inhalt analysierte.
Eine seiner Erkenntnisse: "Das Aufkommen moderner Drogen hat zu Forderungen nach noch weniger Speicherplatz geführt, und die ultimative Verbesserung von Theorem 1 wurde folglich soeben bekanntgegeben." (red, APA, 28.3.2024)