Rund ein Prozent der Weltbevölkerung leidet an Schizophrenie. Die psychische Erkrankung kann sich individuell unterschiedlich manifestieren und äußert sich typischerweise durch Symptome wie inhaltliche Denkstörungen, Halluzinationen und Verhaltensstörungen, darunter auch Hyperaktivität. Als eine der Hauptursachen gilt eine genetische Veranlagung in Verbindung mit Stress. Bestimmte Krankheiten, aber auch parasitärer Befall können das Schizophrenie-Risiko jedoch deutlich steigern.

Eine 1995 herausgebrachte Studie lieferte erstmals Hinweise darauf, dass Menschen, die mit Katzen engen Kontakt haben, ebenfalls einem erhöhten Risiko für Schizophrenie, schizophreniforme oder schizoaffektive Störungen ausgesetzt sind. Die beiden US-Neurowissenschafter Edwin Fuller Torrey und Robert Yolken vermuteten damals als Ursache eine Infektion mit Toxoplasma gondii.

Frau streichelt eine Katze
Hauskatzen können eine Toxoplasmose-Infektion bei ihren Besitzerinnen und Besitzern verursachen – zumindest so viel ist sicher. Ob dies auch zu einem erhöhten Schizophrenie-Risiko beiträgt, ist dagegen umstritten.
Foto: AFP/RICARDO ARDUENGO

Gemischte Ergebnisse

Das parasitäre Protozoon ist bei Hauskatzen häufig zu finden und kann auch auf den Menschen übertragen werden. Die Fellnasen infizieren sich mit dem Parasiten für gewöhnlich durch den Verzehr von Beutetieren im Freien und können ihn dann über ihren Kot an den Menschen weitergeben. Immerhin rund 50 Prozent der mitteleuropäischen Bevölkerung trägt Antikörper gegen den Mikroorganismus in sich.

Ob die Toxoplasmose tatsächlich für ein erhöhtes Schizophrenie-Risiko verantwortlich ist, konnten Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten freilich nicht eindeutig bestätigen: Während einige Studien ergaben, dass der Umgang mit Katzen in der Kindheit die Wahrscheinlichkeit erhöht, später an Schizophrenie zu erkranken, lieferten andere Arbeiten hier wiederum keinen signifikanten Zusammenhang.

17 Studien

Um hier endlich Klarheit zu schaffen, hat ein Team um John McGrath vom Queensland Centre for Mental Health Research eine gründliche Überprüfung aller bisherigen Forschungsergebnisse zu diesen Themen vorgenommen. Die australischen Forschenden analysierten 17 in den letzten 44 Jahren veröffentlichte Studien aus elf Ländern. Das Ergebnis war ziemlich klar: "Wir fanden einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer Katze im Haushalt und einem erhöhten Risiko, an Schizophrenie zu erkranken", fasst McGrath die Befunde zusammen.

Toxoplasma gondii ist ein in der Regel eher harmloser Parasit, der auch durch ungenügend gegartes Fleisch, ungewaschenes Gemüse oder verunreinigtes Wasser übertragen werden kann. Ganz besonders das Katzenklo kann als Infektionsherd für Menschen fungieren. Gefährlich kann Toxoplasmose für Schwangere und den Fötus sowie für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem werden. Im Großteil der Fälle bleibt die Infektion aber unbemerkt. Man schätzt, dass mindestens die Hälfte der Bevölkerung einmal im Leben infiziert war, ohne je Symptome zu entwickeln.

Toxoplasma-gondii-Parasiten nisten sich in den Gehirnen von Säugetieren ein, auch beim Menschen kann das vorkommen. Die Aufnahme zeigt eine solche Zyste im Hirngewebe einer Maus, die tausende ruhende Parasiten enthält.
Foto: USDA/Jitender P. Dubey

Durch die Blut-Hirn-Schranke

Da jedoch der magensäureresistente Erreger auch die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, ist er in der Lage, sich lebenslang in Nervenzellen einzunisten, Experten sprechen von einer latenten Infektion. Dort kann er unter anderem die Ausschüttung von Neurotransmittern beeinflussen. Daher wurde in der Vergangenheit häufig vermutet, dass der Parasit mit Persönlichkeitsveränderungen, dem Auftreten von psychotischen Symptomen und neurologischen Störungen in Verbindung steht – einschließlich Schizophrenie-ähnlichen Symptomen.

Einen signifikanten Beweis dafür blieb die Forschung freilich bisher weitgehend schuldig. Doch diesen könnte nun McGrath und seine Gruppe nach der Analyse von früheren 17 Studien geliefert haben: "Nach Bereinigung von Kovariaten stellten wir fest, dass Personen, die Katzen ausgesetzt waren, tatsächlich ein etwa doppelt so hohes Risiko hatten, an Schizophrenie zu erkranken", berichtet das Team im Fachjournal "Schizophrenia Bulletin".

Entscheidendes Alter

Insgesamt erweisen sich die analysierten Studien freilich nicht ganz einheitlich, räumte das Team ein: So wurde in einer Studie zwar kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Besitz einer Katze vor dem 13. Lebensjahr und der späteren Entwicklung von Schizophrenie festgestellt. Wohl aber zeigte sich eine signifikante Verbindung, wenn man den Katzenbesitz auf einen Zeitraum von neun bis zwölf Lebensjahre eingrenzte. Diese Widersprüchlichkeit deutet darauf hin, dass der entscheidende Zeitrahmen für die Katzenexposition nicht klar definiert ist.

"Insgesamt lässt sich jedoch behaupten, dass unsere Untersuchung einen Zusammenhang zwischen Katzenbesitz und Schizophrenie-bedingten Störungen belegt", sagte McGrath. Die Wissenschafter sind sich aber einig, dass bessere und umfassendere Forschungsarbeiten erforderlich sind, bevor weitere Schlussfolgerungen gezogen werden können: "Es besteht Bedarf an mehr qualitativ hochwertigen Studien auf der Grundlage großer, repräsentativer Stichproben, um den Katzenbesitz als möglichen Risikomodifizierungsfaktor für psychische Störungen besser zu verstehen." (Thomas Bergmayr, 16.4.2024)