Es klingt erst einmal paradox: Am Morgen nach dem historischen Angriff des Iran auf israelisches Territorium herrschte unter den Spitzen des Sicherheitsapparats in Israel fast so etwas wie Jubelstimmung. Nachdem mehr als hundert ballistische Raketen auf Israel abgefeuert worden waren, knapp zweihundert Drohnen angegriffen hatten, war von Betroffenheit wenig zu spüren.

US-Präsident Joe Biden kann noch so oft betonen, wie unerschütterlich die Freundschaft zu Israel ist: Die Signale der Abkühlung sind überdeutlich.
AP/Matt Kelley

Ja, es gebe einen leichten Schaden an einer Militärbasis, ein lebensgefährlich verletztes siebenjähriges Mädchen: Das alles sei bedauerlich, aber es hätte auch viel schlimmer kommen können, so der Tenor. Dass es nicht so gekommen sei, sei ein Erfolg für Israel – und eine Niederlage für den Iran.

Breites Bündnis

War es das aber wirklich? Es ist einem breiten Bündnis zu verdanken, dass Israels Bevölkerung von Schaden weitgehend verschont blieb. Die USA, Großbritannien, Frankreich, aber auch Jordanien und Ägypten setzten ihre Abwehrsysteme ein – und sogar Saudi-Arabien soll sich beteiligt haben. Ohne diese Allianz wäre der Schaden potenziell verheerend gewesen.

Diese Allianz, so ungern man sich das in Jerusalem eingesteht, stand Israel aber nicht aus purer Freundschaft bei. Die klare Front gegen den Iran gab es vor allem deshalb, weil die daran beteiligten Staaten allesamt selbst unter der iranischen Bedrohung leiden – Stichwort Huthi-Angriffe auf den Handelsschiffverkehr im Roten Meer. Kurzum: Es war keine proisraelische Allianz, die in der Nacht auf Sonntag im Einsatz war, sondern eine anti-iranische.

Und sie war immens teuer. Milliarden mussten allein in Israel binnen weniger Stunden für die Abwehr der iranischen Raketen und Drohnen ausgegeben werden. Auch das wäre ohne die massive finanzielle Unterstützung beim Aufbau und Erhalt der israelischen Abwehrkapazitäten nicht denkbar – vor allem durch die USA.

Aktueller Isolationskurs

Bei aller Erleichterung über den relativ glimpflichen Ausgang bleibt eine Frage offen: Warum war sich Teheran eigentlich so sicher, dass ein solcher Schlag auf Israel nicht einen noch härteren Gegenschlag, womöglich einen offenen Krieg nach sich ziehen würde? An einer solchen Eskalation hat schließlich auch Teheran kein Interesse. Trotzdem hat man den Angriff gewagt.

Hier kommen die beeinträchtigten Beziehungen zwischen den USA und Israel ins Spiel. Washington wird Israel nicht unterstützen, wenn es einen direkten Angriff auf den Iran vornimmt: Das stellte US-Präsident Joe Biden bereits klar, als der iranische Beschuss noch im Gange war und man nicht wusste, wie hoch der Schaden letztlich sein würde. Auf Distanz waren die USA auch überraschend schnell gegangen, als – mutmaßlich – Israel vor zwei Wochen zwei hochrangige iranische Generäle in Damaskus tötete.

All das bleibt auch unter Israels Erzfeinden nicht unbemerkt. Da kann Biden noch so oft betonen, wie unerschütterlich die Freundschaft zu Israel ist: Die Signale der Abkühlung sind überdeutlich. Der Angriff des Iran, vor allem aber dessen Abwehr haben verdeutlicht, wie sehr Israels Regierung mit ihrem aktuellen Isolationskurs den Interessen des eigenen Landes schadet. Ob sie die Kehrtwende schafft und wahre Allianzen bildet, wird sich nicht in der Iran-Frage zeigen, sondern im Gazakrieg. (Maria Sterkl, 14.4.2024)