Teller Pasta mit gebratenen Shrimps
Shrimps in jeder Form lieben (fast) alle. Doch die Meerestiere könnten besonders stark mit Ewigkeitschemikalien belastet sein.
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Man findet sie in Lippenstiften. In beschichteten Pfannen, Backpapier und Fastfood-Verpackungen. Außerdem in Zahnseide, Shampoo und Regenjacken. Die Rede ist von PFAS. Besser bekannt sind sie als Ewigkeitschemikalien. Ewig deshalb, weil sie fast unzerstörbar sind. Einmal erzeugt, sammeln sie sich in Umwelt, Nahrungsmitteln und unserem Körper an und sind dort kaum mehr wegzubekommen.

Das Dramatische dabei: Immer klarer wird die Tatsache, dass diese Stoffe an der Entstehung von Krebs, Schilddrüsenerkrankungen, Leberschäden, Adipositas und mehr beteiligt sind. Und sie verringern die Fruchtbarkeit, von Frauen und Männern.

PFAS steht für per- und polyfluorierte Chemikalien. Sie werden künstlich hergestellt, sind wasser-, fett- und schmutzabweisend und beinahe unzerstörbar. Diese Eigenschaften machen sie perfekt für viele Alltagsprodukte. Mehr als 10.000 verschiedene Verbindungen gibt es, nach letzten Schätzungen, in dieser Stoffgruppe – die genaue Anzahl weiß man nicht. Hergestellt und eingesetzt werden sie seit den späten 1940er-Jahren, ständig kommen neue, meist nur sehr schlecht untersuchte Verbindungen dazu. Das liegt wohl auch daran, dass sie nicht akut giftig sind – und Langzeitwirkungen lassen sich schwer untersuchen. Bisher wurden erst drei Verbindungen offiziell als schädlich eingestuft und reguliert.

Aufnahme übers Essen

Die Verbindungen selbst halten zwar ewig, doch sie halten nicht ewig auf und in den Produkten. Bei jedem Waschgang werden Teile davon ausgespült und gelangen in die Kanalisation. Von dort verteilen sie sich dann in der ganzen Welt, auf Ackerflächen, im Trinkwasser, in Gewässern generell. Von dort wiederum gelangen sie in Pflanzen und Tiere und über diesen Umweg auch in den Menschen. Wir essen und trinken die Stoffe einfach.

Und besonders viele dieser Ewigkeitschemikalien sind in Meeresfrüchten. Eine vom Dartmouth College im US-Bundesstaat New Hampshire durchgeführte Studie legt nun nahe, dass Menschen, die besonders viel Fisch, Muscheln und Krustentiere essen, dadurch stärker gefährdet sein könnten.

Für die Studie wurde der Gehalt von 26 PFAS-Arten in Proben der am häufigsten konsumierten Fische und Meeresfrüchte analysiert: Kabeljau, Schellfisch, Hummer, Lachs, Jakobsmuschel, Garnele und Thunfisch. Diese wurden frisch auf einem Fischmarkt an der Küste gekauft und stammten aus verschiedenen Regionen. Die Untersuchungsergebnisse wurden kombiniert mit einer landesweiten Umfrage unter 1.829 Menschen zu ihren Essgewohnheiten. Der Bundesstaat liegt an der US-Ostküste, die Menschen dort essen besonders viel Fisch und Meeresfrüchte – wie generell die Einwohner von Neuengland, vor allem jene direkt an der Küste. Konkreter: Männer in New Hampshire essen rund 30 Gramm Meeresfrüchte pro Tag, Frauen einen Hauch weniger.

Gefährlicher Hummer?

Die höchsten Konzentrationen fand man dabei in Shrimps und Hummer, mit Durchschnittswerten von bis zu 1,74 bzw. 3,30 Nanogramm pro Gramm Fleisch für bestimmte PFAS-Verbindungen, berichten die Forschenden. Die Konzentrationen einzelner PFAS in anderen Fischen und Meeresfrüchten betragen im Allgemeinen weniger als ein Nanogramm pro Gramm.

Die Erkenntnisse stimmten die Forschenden durchaus besorgt. Wie genau PFAS im Körper und auf die Gesundheit wirken, ist nicht bekannt, man kann nur mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass es einen Zusammenhang gibt. Für sie zeigen die Ergebnisse klar, dass strengere Richtlinien in Bezug auf die Menge an Meeresfrüchten für die öffentliche Gesundheit notwendig sind – besonders in Küstenregionen, wo traditionell viel Fisch und Meeresfrüchte verzehrt wird.

Völliger Verzicht sei dabei nicht nötig: "Wir empfehlen nicht, keine Meeresfrüchte zu essen. Immerhin sind sie eine hervorragende Quelle für mageres Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren. Sie sind aber möglicherweise eine unterschätzte PFAS-Quelle für die Menschen", sagt Studien-Mitautorin Megan Romano, Epidemiologin an der Geisel School of Medicine. "Nur wenn die Menschen das Risiko-Nutzen-Verhältnis beim Verzehr von Meeresfrüchten kennen, können sie gute Entscheidungen für ihre Ernährung treffen. Das gilt insbesondere für Schwangere und Kinder."

Als Richtlinie könne man sich am Regelwerk zu Raubfischen wie Thunfisch und Hai orientieren, schlägt Studien-Mitautorin Celia Chen vor, Gewässerökologin am Dartmouth College. "Diese Fische enthalten ja bekanntlich hohe Quecksilberkonzentrationen, deshalb ist deren Konsumempfehlung begrenzt. Auch wenn wir die genaue Wirkung der PFAS noch nicht kennen, haben wir damit womöglich eine gute Richtlinie." (Pia Kruckenhauser, 15.4.2024)