Ein Mohnblumenmuster der Wiener-Werkstätte-Künstlerin Felice Rix-Ueno inspirierte die Frühjahrskollektion des Schweizer Modehauses Akris.
Akris

Ein Meer aus Klatschmohn im Museum – Albert Kriemler steht auf einem Podium, davor wurde die Akris-Kollektion inmitten roter Blüten auf Puppen drapiert. Wie die Mode für einen Abend ins Museum für angewandte Kunst kam? Der Schweizer Designer und Unternehmer hat sich für seine Frühjahrsentwürfe von Mustern der Künstlerin Felice Rix-Ueno anregen lassen. Der Stoff, den sie 1929 für die Wiener Werkstätte entwarf, ist im Original in der Schau Sterne, Federn, Quasten im Mak zu sehen. Kriemler outet sich als Fan: "Auch wenn sie nicht so bekannt wie Charlotte Perriand war, die für Le Corbusier arbeitete, hatte sie als Designerin eine Kraft, Eigenständigkeit und Klasse."

Der Schweizer hat sich nicht zum ersten Mal von einer Künstlerin für eine Modekollektion inspirieren lassen. Im Gegenteil: Ob Künstler, Fotografinnen, Bildhauer – der Schweizer hat bereits mit so einigen Kalibern von Rodney Graham bis Thomas Ruff zusammengearbeitet. Die Strategie dürfte zur Erwartungshaltung kunstbeflissener, anspruchsvoller Kundinnen des St. Gallener Modehauses passen. Das gehört heute zu den wenigen unabhängigen Unternehmen, die in der internationalen Luxusmodewelt mitspielen.

Wie aber können sich die Schweizer in einer Branche behaupten, in der nichts mehr in Stein gemeißelt ist? Allein in den vergangenen Wochen ging es in der Modewelt drunter und drüber. Der belgische Designer Dries van Noten verkündete seinen Ausstieg als Kreativchef bei seinem eigenen, mittlerweile zum spanischen Konzern Puig gehörenden Modehaus. Valentino-Designer Pierpaolo Piccioli machte nach 25 Jahren bei dem römischen Unternehmen Platz für den ehemaligen Gucci-Designer Alessandro Michele. Ganz zu schweigen von den schnellen Bäumchen-wechsle-dich-Spielen bei den anderen Mitbewerbern. Ob Dries Van Noten oder Missoni, es gibt kaum ein unabhängiges Modeunternehmen, das in den vergangenen Jahren nicht an Investoren verkauft wurde.

Schweizer Zurückhaltung

Wenige Stunden vor der Modepräsentation im Mak ist der dunkel gekleidete Kreativchef, Jahrgang 1960, im Lokal Salonplafond an einem Kaffeetisch gesessen. Frage an den Designer: Wie behauptet man sich denn nun als Schweizer Marke in Paris? Kriemler lächelt und denkt einen Moment nach. Schnellschüsse sind seine Sache nicht. Viel lieber würde der Kreativchef ja über die Künstlerin Felice Rix-Ueno, deren Arbeiten er zufällig bei einem Besuch des Mak-Archivs entdeckt hat, sprechen. Seine Antwort fällt entsprechend zurückhaltend aus. "Wichtig ist, als Modehaus eine klare Handschrift zu entwickeln. Dazu braucht es Jahre." Was seine Großmutter Alice Kriemler-Schoch festgelegt habe, sei von seinen Eltern fortgeführt und von ihm und seinem Bruder weiterentwickelt worden – mit 19 Jahren trat Kriemler bei Akris ein, 1987 übernahm er mit Bruder Peter das Geschäft und internationalisierte es. 2003 eröffnete man einen Store in der Wiener Innenstadt. Seit Mitte der Nullerjahre ist man Teil des Pariser Schauenkalenders und zeigt zweimal im Jahr eine Show, doch "bis heute sind wir im Vergleich zu den Häusern, mit denen wir unsere Kundinnen teilen, eine kleine Firma", sagt er.

Der Schweizer Albert Kriemler ist seit 1987 zusammen mit seinem Bruder Peter Mitinhaber und kreativer Leiter des Hauses Akris.
Akris

Das stimmt wohl, wenn auch bei Akris über Geschäftliches keine großen Worte verloren werden. Umsatz- oder Gewinnzahlen gibt das rund 500 Mitarbeiter umfassende Unternehmen, eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft in Familienbesitz, nicht bekannt. Während die internationale Konkurrenz im Luxussegment ihr Geschäft hauptsächlich mit Handtaschen, Accessoires und Parfums macht, ist das Kerngeschäft von Akris nach wie vor die Mode.

Unterschätzt werden sollte das leise vor sich hinarbeitende Haus, das von der Schürzenmanufaktur zur Luxusmarke wurde, aber nicht. 2020, also während der Pandemie, berichtete das Wall Street Journal, dass Akris für 45 Millionen Dollar drei Häuser an der New Yorker Madison Avenue übernommen haben soll. Hier wird langfristig gedacht. Wenn auch noch nicht ganz klar ist, wann die vierte Generation Kriemler übernimmt. (Anne Feldkamp, 16.4.2024)

Die Ausstellung "Sterne, Federn, Quasten" ist noch bis zum 21. April im Wiener Mak zu sehen.